Geldern Ende einer Ära: Bäckerei Pooten schließt in Geldern

Geldern · Die Filiale am Markt ist schon geschlossen, am 1. April ziehen sich Norbert und Ute Pooten auch aus der Issumer Straße zurück. Die Familie Tebart übernimmt, auch die Rezepte werden ihr zu treuen Händen übergeben.

Geldern: Ende einer Ära: Bäckerei Pooten schließt in Geldern
Foto: Pooten

Die Bäckereifiliale von Pooten am Gelderner Markt ist seit Samstag zu. Und bleibt es auch. Die Filiale auf der Issumer Straße bleibt auf und bis zum 1. April in den Händen von Ute und Norbert Pooten. Es ist sozusagen die Ur-Zelle der Gelderner Bäckerei. Ute Pooten erinnert sich noch gut an den ersten Tag, den 1. April 1970. "Abends hatten wir 50 Mark in der Kasse", sagt sie.

Das sei aber nicht so erschreckend, wie es sich anhört, beruhigt ihr Mann. Denn das Geld haben die beiden damals nicht in der Hauptsache mit dem Verkauf über die Theke hinweg verdient. Stattdessen fuhren sie das Brot bis vor die Haustür mit einem alten, weißen VW-Bus. Den VW-Bus hatten sie, wie die Filiale, von den Geschwistern Terlinden übernommen. Sein Handwerk gelernt hat Norbert Pooten bei Vater Willi Pooten in Issum. Die Backstube war am Nikolaushäuschen, Ecke Mühlenstraße. Norbert Pooten macht beim Vater seine Ausbildung, dann den Schritt in die eigene Backstube nach Geldern. Seine Frau zieht mit. "Ich kam ja vom Büro, ich musste das erst einmal lernen", sagt Ute Pooten. Sie war schnell Feuer und Flamme.

 Norbert und Ute Pooten schwelgen gemeinsam in Erinnerungen und haben das Fotobuch mit historischen Bildern ihres Lebens hervorgeholt.

Norbert und Ute Pooten schwelgen gemeinsam in Erinnerungen und haben das Fotobuch mit historischen Bildern ihres Lebens hervorgeholt.

Foto: bimo

"Meine Frau war ein Verkaufsphänomen", schwärmt ihr Mann. "Die Ute, die konnte das einfach." Und weil sie ihm den Rücken frei hielt, konnte er sich auf die Produkte und die Qualität konzentrieren. Sein Favorit: das Schlesierbrot. "Das Rezept kommt von Utes Oma aus Schlesien", sagt Norbert Pooten. "Wie ist es denn mit Provision?", foppt ihn seine Frau.

Zum Sortiment gehörten zu Beginn Weißbrot, Hefe-Graubrot, Steinofenbrot, Schwarzbrot. Rosinenbrot gab es nur am Wochenende. "Das war's. Damit waren die Leute auch zufrieden", sagt Ute Pooten. Das Brot wurde Lebensinhalt. Viereinhalb Stunden Schlaf über viele Jahre. "Das war ein brutales Leben. Ob ich so etwas noch einmal machen sollte?", stellt der Bäckermeister als eher rhetorische Frage in den Raum. Die reelle Frage nach einem jungen Nachfolger erübrigt sich damit. Norbert Pooten stand nachts um 12 in der Backstube, dann fuhr er das Brot im weißen VW-Bus rum. Ach ja, und vorher war noch die Brötchen-Tour von 4.30 bis 7.30 Uhr, die fuhr seine Frau. "Ich wollte eigentlich nur Brot backen", sagt Norbert Pooten bescheiden.

 Ute Pooten (Mitte) in der Filiale auf der Issumer Straße.

Ute Pooten (Mitte) in der Filiale auf der Issumer Straße.

Foto: Pooten

Was ihn antreibt? "Ich stelle mir immer vor, wie die Leute zu Hause am Tisch sitzen und genießen, was wir gebacken haben." Das sei seine Leidenschaft. Seine Frau lacht. "Ich dachte, die hättest du nur für mich?" "Ich habe die Leidenschaft geteilt", gibt er zu. Und seine Frau, die teilte seine Leidenschaft für die Produkte. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Slogan der Pootens lautet: "Die Bäckerei für Liebhaber guten Brotes."

Norbert Pooten wird ein wenig wehmütig. Er hätte gerne die 50 Jahre in seiner Selbstständigkeit als Bäcker in Geldern voll gemacht. Nun werden es 47. Er ist 72 Jahre alt. "Wenn ich die Augen zumache und den Duft frisch gebackenen Brotes inhaliere, denke ich, es ist ein Elend, dass ich bald nicht mehr selbst dabei bin." Aber es geht körperlich nicht mehr. "Rücken, Knie, rechte Schulter", zählt er auf. Mit 34 Jahren hatte er einen Herzinfarkt, mit 38 eine Herz-OP. Seine Frau erkrankte vor zehn Jahren schwer an Krebs, erst Brustkrebs, dann Lymphdrüsenkrebs. Die Arbeit im Laden fehlt ihr sehr. "Wenn ich die Mitarbeiter nicht gehabt hätte, hätten wir den Betrieb nicht so weiterführen können", blickt Norbert Pooten dankbar auf die vergangenen Jahre. Aber am 1. April ist endgültig Schluss, auch auf der Issumer Straße. Die bange Frage: Was ist mit den kultigen Käsebrötchen und den köstlichen Nussecken? Der Bäckermeister nickt, wissend, dass diese Fragen einige umtreiben. Zu Spitzenzeiten werden knapp 1000 Käsebrötchen am Tag gebacken, pro Woche bis zu 540 Nussecken.

 So sah sie aus, die Filiale auf der Issumer Straße im Jahr 1970.

So sah sie aus, die Filiale auf der Issumer Straße im Jahr 1970.

Foto: Pooten

Die Filiale auf der Issumer Straße und im Baumarkt Vos in Veert wird von der Bäckerei Tebart weitergeführt. "Sie bekommen auch alle Rezepte zur Verfügung. Was die daraus machen, ist ihr Ding", sagt Norbert Pooten. Wird es für ihn denn ein Leben ohne Backen geben? Wird er nicht den Ofen in der Küche daheim anschmeißen wollen? "Ich glaube nicht, dass ich noch einmal ein Brot backen will", sagt der 72-Jährige. "Denn das kann ich nicht aus so einem kleinen Futzel machen. Je größer die Teige sind, desto besser ist die Entwicklung des Teiges", fachsimpelt er. Außerdem habe er ja noch Hobbys, das Rennrad und Mountainbike fahren, Angeln, Flitzebogen bauen und Schwimmen. Und so ganz will er es vielleicht auch noch nicht glauben, dass am 1. April wirklich Schluss ist. "Es werden Tränen fließen", sagt seine Frau. "Aber nicht jetzt", fügt sie tapfer an.

(RP)
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