Unwetter "Fäkalienschlamm" stinkt den Bauern

Geldern · Bei dem Unwetter und Starkregen haben die Behörden in Sonsbeck die Kläranlage geflutet. Die Leidtragenden sind Landwirte im benachbarten Kervenheim. Die Gemeinde betont, es sei kein klassisches Schmutzwasser gewesen.

 Egon Küsters, Thomas Cleven und Bernd Verhoeven kritisieren: "Der Acker ist mit Fäkalien verseucht."

Egon Küsters, Thomas Cleven und Bernd Verhoeven kritisieren: "Der Acker ist mit Fäkalien verseucht."

Foto: Seybert

Die saftiggrünen Wiesen sind mit einer zähen, braunen Masse überzogen. "Das ist nicht der normale Schlamm. Wenn Sie über das Feld gehen, könnten Sie es auch riechen", sagt der Kervenheimer Biobauer Bernd Verhoeven und schickt die Erklärung gleich hinterher: "Die Kläranlage Sonsbeck ist geflutet worden." Über die Fleuth gelangte das Wasser bis nach Kervenheim und mit ihm alles, was darin schwamm. "Den letzten beißen die Hunde, in dem Fall die Kervenheimer", sagt Verhoeven. Der Biobauer ist schwer getroffen. Seine Rinder und Ziegen können die Weiden nicht nutzen. "Der Acker ist mit Fäkalien verseucht. Das ist nicht im Sinne des Ökolandbaus." Bemerkenswert: Der Unteren Wasserbehörde des Kreises Kleve ist der Fall nicht bekannt, sagte Pressesprecherin Elke Sanders auf Anfrage.

Für Verhoeven ist das völlig unverständlich. "Wenn der Kreis Wesel ein Gewässer des Kreises Kleve flutet, dann muss der das doch auch wissen", meint der Bauer. "Man muss die Leute doch warnen." Immerhin hätten die Menschen im betroffenen Gebiet auch eigene Brunnen. Er habe jetzt die Untere Naturschutzbehörde eingeschaltet, sagt der Biobauer.

Er habe volles Verständnis dafür, dass geflutet werden musste, um Unglück nach den langen Regenfällen abzuwenden. Was er nicht versteht, ist die mangelnde Informationspolitik. "Wir mussten uns das selber erarbeiten, wo die Stinkerei herkommt", sagt er über sich und seine betroffenen Nachbarn.

Der stellvertretende Leiter der Feuerwehr Sonsbeck, Jürgen Köhlitz, erklärt, dass die Maßnahme nötig war, damit die Keller der Bürger nicht mit Wasser und Fäkalien vollliefen. "Die Kläranlage kann nur einen gewissen Prozentsatz an Schmutzwasser verarbeiten", sagt Köhlitz. Irgendwann kann die Kläranlage nichts mehr aufnehmen, das Schmutzwasser staut sich dann zurück, kommt in den Toiletten wieder hoch. Nach Absprache mit den zuständigen Behörden, dem Niersverband, der Unteren Wasserbehörde des Kreises Wesel und der Gemeinde Sonsbeck ist das Wasser in die Ley, die später zur Kervenheimer Mühlenfleuth wird, umgepumpt worden. "Durch den starken Regenanteil war kaum Schmutzwasser dabei", so die Einschätzung von Köhlitz. Milchbauer Thomas Cleven wundert sich aber über die dunkle Brühe, die auf seinen Wiesen steht. "Erst haben wir das gar nicht mitgekriegt, dass das Wasser Fäkalien enthält. Erst wenn das Wasser zurückgeht, sieht man, was übrig bleibt." Das Gras ist stinkig und schwarz, nicht mehr zu gebrauchen. "Regenwasser ist Natur, aber das mit der Kläranlage ist eine unschöne Sache." Vor allem wenn man bedenke, welche Auflagen Landwirte ihrerseits einhalten müssten. Georg Tigler, vom Bauamt der Gemeinde Sonsbeck erklärt, dass es sich bei dem in die Ley eingeleiteten Wasser nicht um klassisches Schmutzwasser handelte, sondern um abgeschlagenes Regenwasser. "Sozusagen fäkalienfrei", sagt er. Nichtsdestotrotz sei auch Schlamm, abgeschwemmter Boden, ausgespültes Erdreich mit den Wassermassen in die Ley gekommen.

"Es ist alles kaputt" lautet die Bilanz von Gemüsebauer Egon Küsters. "Die Lager bleiben in diesem Jahr leer." Statt demnächst zu ernten, muss er jetzt Listen ausfüllen, um den Schaden aufzunehmen. 70 bis 80 Prozent seiner Ernte ist hin. "Wir sind ausgewiesenes Katastrophengebiet. Die dürfen das", sagt er zum Überfluten seiner Felder. "Ich bin dann der Entsorger der Wassermengen, die aufnehmende Hand." Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war schon bei ihm auf dem Hof. Der Schaden sei entschädigungsfähig, hieß es. Es handelt sich nicht um etwas, wogegen er sich versichern kann. In welcher Höhe, das ist noch offen. Außerdem bleibt die Angst, dass so etwas jederzeit wieder passieren kann.

(RP)
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