Hans-Josef Aengenendt "Familienleben völlig umgekrempelt"

Geldern · Der 55-Jährige ist seit etwas mehr als einem Jahr Bürgermeister von Wachtendonk. Der Chef des Rathauses über Erfolge wie den Netto-Markt in Wankum, die Zukunftswerkstatt, wachsende Politikverdrossenheit und schwindende Freizeit.

 Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt ist froh, dass die Flüchtlinge gut untergebracht sind.

Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt ist froh, dass die Flüchtlinge gut untergebracht sind.

Foto: Markus van Offern

Nach einem Jahr als Bürgermeister: Was macht das Amt mit einem?

Hans-Josef Aengenendt Das Bürgermeisteramt hat aufgrund der hohen Zeitintensität unser Familienleben völlig umgekrempelt. Man beobachtet nunmehr viele Dinge und Gegebenheiten aus einer anderen Perspektive.

Gab es etwas, was Sie beim Amtsantritt unterschätzt haben?

Aengenendt In meinem bisherigen Arbeitsleben war es so, dass ich meinen Terminkalender immer selbst geführt habe. Nun musste ich lernen, dass auch viele Termine ohne mein Wissen vereinbart werden und man damit zum Teil fremdbestimmt wird.

Was lief besser oder mindestens genauso gut wie erwartet?

Aengenendt Konkrete Erwartungen habe ich nicht unbedingt gehabt. Meine Vorstellung, dieses Amt beziehungsweise diese Funktion im Interesse der Bürgerschaft auszuüben, habe ich bisher, zumindest nach meiner Auffassung, umsetzen können.

Inwieweit ist Ihr Angebot, Probleme als Team zu lösen, angenommen worden?

Aengenendt Alle müssen lernen, aufeinander zuzugehen. Das gilt auch für mich. Die Vorstellung, alles im Team innerhalb der Verwaltung oder parteiübergreifend lösen zu wollen, ist sehr mühsam. Es erfordert sehr viel Geduld und immer Gesprächsaustausch - wir arbeiten daran.

Wie sieht es mit dem Bürgerdialog aus?

Aengenendt Die bisher gewohnte Form einer festen Bürgersprechstunde habe ich dahingehend verändert, dass jederzeit Termine zum kurzfristigen Dialog mit dem Bürger möglich sind. Darüber hinaus gibt es vierteljährlich den Bürgerstammtisch mit einem Schwerpunktthema. Diese Termine werden jeweils in der örtlichen Presse bekannt gegeben.

Welche Probleme der Gemeinde wurden seit Oktober 2015 gelöst?

Aengenendt Die größte Problemlösung war die Ansiedlung des Netto-Marktes im Ortsteil Wankum, der dazu beiträgt, die Grundversorgung des Ortsteiles wesentlich zu verbessern. Die Eröffnung des Marktes ist für Ende November vorgesehen. Darüber hinaus konnte durch die Fertigstellung der Flüchtlingsunterkunft an der Lessingstraße und die Anmietung verschiedener Gebäude erreicht werden, dass sich die Flüchtlingssituation in der Gemeinde aktuell entspannt hat. Erfreulich ist somit, dass alle Flüchtlinge nunmehr in einer festen Unterkunft untergebracht sind und die nicht mehr zeitgemäßen Containerunterkünfte am Ostring nach vielen Jahren leergezogen werden konnten.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen der näheren Zukunft?

Aengenendt Durch die stark gewachsene Kinderzahl in der Gemeinde ist für den Ortsteil Wachtendonk ab dem nächsten Kindergartenjahr der Bedarf für eine zusätzliche zweigruppige Kindertageseinrichtung festgestellt worden. Nun gilt es, hierfür die Interessenlagen übereinander zu bringen und die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Weiterhin gilt es, eine neue Konzeption zu einer vernetzten Struktur in der Jugendarbeit zu erstellen.

Und darüber hinaus?

Aengenendt Derzeit ist für die Gemeinde Wachtendonk die sogenannte "Zukunftswerkstatt" ein sehr wichtiges Thema. Hierbei sollen im Dialog zwischen Verwaltung, Politik und Bürgerschaft zu den verschiedensten Themen der Stadtentwicklung Lösungen erarbeitet und umgesetzt werden. Weiterhin ist der Ausbau der Breitbandversorgung für das Gewerbe und die Bürgerschaft in unserer Gemeinde ein sehr wichtiges Thema.

Ist bei den Wachtendonkern und Wankumern Politikverdrossenheit auszumachen? Wie äußert sich die?

Aengenendt Ja, das Interesse an der örtlichen Politik hat insgesamt nachgelassen. Dieses erkennt man vor allem an der Resonanz der Bürgerschaft bei den Sitzungen der öffentlichen Gremien. Dabei wäre es so wichtig, Stimmungen und Meinungen, vor allem von jüngeren Menschen, mitgeteilt zu bekommen.

Wie und wann ist der Ausgleich von der Arbeitsbelastung noch möglich?

Aengenendt Die Arbeitsbelastung und die damit verbundene Zeitbindung sind sehr hoch. Der persönliche Ausgleich fällt sehr spärlich aus. Mein geliebtes Laufen in der Wankumer Heide ist sehr selten geworden, doch ich gönne mir möglichst eine Mittagspause zuhause bei meiner Familie.

MICHAEL KLATT STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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