Geldern Faszinierende Einblicke in verwaiste Orte

Geldern · Foto-Künstler haben überall auf der Welt menschenverlassene Bauten fotografiert. Ausstellung im Mühlenturm regt zum Nachdenken an.

Verlassene Orte haben etwas Unwirkliches, etwas Fremdes. Wo früher einmal Menschen lebten, lachten und liebten, erobert sich nun die Natur immer mehr ihren Platz zurück. Egal ob Häuser, Fabriken oder ganze Schlösser: Wenn sie einmal vom Menschen aufgegeben sind, werden sie förmlich von der Welt verschluckt. Solche faszinierenden Plätze lösen eine Vielzahl von Gefühlen beim Betrachter aus.

Die Künstlergruppe "Fineart 365" hat zum Thema "Sichtweisen auf Urbanes, Verfall und Natur" eine Ausstellung im Mühlenturm. Alle Etagen sind mit dutzenden Bildern von sechs Fotografen behängt. Diese haben die ganze Welt bereist, um an menschenverlassenen Orten atemberaubende Motive einzufangen, die zum Nachdenken anregen.

Benjamin Seyfang hat bei seinem Motiv "blue diesel farm" in Belgien ein verfallenes Gebäude gefunden, vor dem seit vielen Jahren ein Auto steht. Zwei Baumstämme wachsen vorne durch das Metall der Karosserie. Wie eigentlich jedes andere Motiv der Ausstellung lädt auch dieses dazu ein, in Ruhe die Gedanken schweifen zu lassen und nachzusinnen.

Die "Mall of Koi" ist ein weiteres Paradebeispiel dafür: Es ist ein aufgegebenes Einkaufszentrum, welches über die Jahre mit Wasser vollgelaufen ist und in dem nun Koi-Fische ihre Bahnen ziehen. Eine eingestürzte Treppe im Hintergrund führt in weitere Etagen des einstigen Shopping-Paradieses. Doch dieser Ort in Thailand wurde vergessen von der Menschheit. Glücklicherweise hat Benjamin Wießner ihn gefunden und diese Momentaufnahme für die Ewigkeit eingefangen.

Ein weiteres Motiv, welches auf wunderbare Weise zeigt, wie sich das Grün die Bauten der Menschen wieder einverleibt, ist Michael Rötterdings "Jungle Dance Hall". Es zeigt einen ehemaligen Tanzsaal, der nun, mit Moos bewachsen, langsam verfällt. Derweil ist Björn Feys Teleskop-Ausblick auf den Halbmond auf den ersten Blick vielleicht unpassend. Doch schnell wird klar, dass sein Bild wahrscheinlich den verlassensten aller Orte einfängt, der mit dem menschlichen Auge zu sehen ist.

Daniel Rateikes "Foggy Dream", der nebelige Traum, zeigt ein altes Gemäuer in Deutschland. Ganz so, als wäre der Nebel selber der Rand der Realität, verschwinden die Details immer wieder in den grauen Bahnen und steigern damit nur noch mehr die Neugierde darauf, was dort alles vielleicht noch im Verborgenen liegt.

Der sechste und letzte Fotokünstler, der in der Ausstellung vertreten ist, ist Kai-Patric Fricke, dessen "Destroyed Tower" wahrscheinlich eine der eindrucksvollsten Arbeiten der Ausstellung ist. Aus einem zerstörten Turm in Kroatien heraus eröffnet sich der Blick auf eine kleine Siedlung, und damit kommen Fragen auf: Ist diese noch bewohnt? Wie muss dieser Anblick vom Boden aus wirken, wenn stetig das riesig-klaffende Loch eines verfallenen Bauwerks über allem wacht?

Wer selber in Gedanken schwelgen möchte, der hat noch am kommenden Wochenende die Chance dazu. Samstag ist der Mühlenturm von 12 bis 22 Uhr und am Sonntag von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos.

Zusätzlich findet an jenem Wochenende noch eine einmalige Sonderausstellung unter dem Motto "Grusel" in den Katakomben unter dem Mühlenturm statt, die erst für Besucher ab 16 Jahren freigegeben ist.

(cnk)
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