Geldern Nachbarn besorgt über neues Asylheim

Geldern · Von Unruhe und Konflikten bis hin zum Wertverlust von Immobilien reichten die Befürchtungen der Anwohner. Die Stadt hatte zum Info-Abend in die künftige Flüchtlingsunterkunft an der Friedrich-Spee-Straße in Geldern geladen.

 Dezernent Joachim Ingenillem (ganz rechts) erklärt die Lage. Seine Botschaft: An der Entscheidung für das Haus an der Friedrich-Spee-Straße als Flüchtlingseinrichtung ist nicht zu rütteln. Rund 60 Zuhörer waren gekommen, dazu weitere Vertreter der Verwaltung.

Dezernent Joachim Ingenillem (ganz rechts) erklärt die Lage. Seine Botschaft: An der Entscheidung für das Haus an der Friedrich-Spee-Straße als Flüchtlingseinrichtung ist nicht zu rütteln. Rund 60 Zuhörer waren gekommen, dazu weitere Vertreter der Verwaltung.

Foto: Seybert, Gerhard

Gut 60 Anwohner waren in das ehemalige Bürogebäude an der Friedrich-Spee-Straße 8 a gekommen. Die Stimmung, die sie mit in den Raum trugen, war frostig. Dezernent Joachim Ingenillem stellte klar: Es sollte "nicht der Eindruck entstehen, es könne noch viel diskutiert werden, welcher Standort in Geldern gewählt wird". Das Gebäude, das einst durch das Finanzamt genutzt wurde, wird definitiv zur Flüchtlingsunterkunft. Die Politik hat den Beschluss dazu gefasst - in einer Sondersitzung, einstimmig. Eine Alternative gebe es nicht.

Gerade das war der größte Kritikpunkt der Bürger: "Wir kriegen das jetzt einfach präsentiert", beschwerte sich ein Anwohner. Man sei überhaupt nicht gefragt worden, und insgesamt sei die Informationspolitik der Stadt schlecht - dieser Vorwurf kam immer wieder auf.

Durch den Beschluss, klagte eine Nachbarin, "ist unsere Ruhe vorbei". Ein anderer prophezeite: "Wir haben dann hier Palaver, das werden Sie erleben." Sicher hätten die Flüchtlinge Sorgen und Nöte, "aber die Menschen, die hier wohnen, auch". Und eine "Übergangslösung" für wenige Jahre werde die Unterkunft bestimmt nicht. "Wenn so ein Ding erst mal da ist, ist es da."

Eine Hausbesitzerin fürchtete um ihre Immobilie: "Das ist einfach ein Wertverlust. Da kann ich nicht in die Hände klatschen, das ist ein Problem." Ihr wurde beigepflichtet.

Mehrere Kritiker führten an, dass es schließlich auch bei der Asyl-Unterkunft an der Walbecker Straße Probleme gebe - Konflikte, regelmäßige Polizeieinsätze. Behauptungen, denen Dezernent Joachim Ingenillem vehement widersprach. "In einem Jahr war einmal eine Rangelei. Da ist vielleicht auch mal einer zu laut", meinte er. Aber das Umfeld sei sauber, das Leben friedlich: "Wir haben die Polizeiberichte vorliegen - da ist nichts."

Größte Klage herrschte über die mögliche Anzahl der Flüchtlinge, die einziehen sollen. Gegen 20 oder 30 habe ja niemand etwas - aber 60 bis 80 Menschen, das seien viel zu viele. Markus Grönheim, Abteilungsleiter im Sozialamt und selbst Anwohner, wollte beruhigen. Vielleicht höre sich das erschreckend an. Aber er vertraue seinen Kollegen, "gut auszuwählen, wen sie hier reinsetzen und wen nicht". Die seien erfahren darin, Konflikte durch kluge Belegung zu verhindern.

Mehrfach wurde der Wunsch laut, man möge doch vorzugsweise Familien einziehen lassen. Das sei vielleicht möglich, vielleicht aber auch nicht, erläuterte Hans Bollen vom Ordnungsamt: "Wir bekommen im Moment zu 80 Prozent Einzelpersonen zugewiesen."

Einige Zuhörer stellten ganz generell die Eignung des Bürogebäudes als Unterkunft infrage. Dagegen wandte sich Gerrit Hermans von der Caritas. Seit zehn Jahren sei er in der Betreuung von Flüchtlingen tätig: "Das hier ist auf auf jeden Fall geeignet." Vorbehalte in der Nachbarschaft, führte er versöhnlich aus, seien eigentlich normal. Aber die Hilfesuchenden seien nun mal da. "Jetzt sollten wir überlegen: Wie können wir das gestalten?"

Durch Appelle wie diesen war die Atmosphäre irgendwann so weit aufgetaut, dass sogar zarte humorige Töne durchkamen. Die Flüchtlinge, stellte einer der Kritiker fest, hätten es "zumindest schon mal geschafft, die Nachbarschaft in einen Raum zu kriegen".

Die Verwaltung versichert, dass die Bewohner der Einrichtung intensiv betreut würden. Für Probleme soll es eine "Hotline" geben.

(rp)
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