Neuer Standort Gelderns Pathologie auf dem Seziertisch

Geldern · Seit 2008 gibt es das Institut für Pathologie und Zytologie in der Drachenstadt. Nun wechselte es den Standort zum Mühlenweg 12. Ein passender Zeitpunkt, um einmal mit alten Klischees aufzuräumen.

 Ilona Leis und Dr. med. Lothar Beccu vom "Institut für Pathologie und Zytologie am Niederrhein".

Ilona Leis und Dr. med. Lothar Beccu vom "Institut für Pathologie und Zytologie am Niederrhein".

Foto: Gerhard Seybert

Vor den Türen am Pannofen 49a+b stehen bei unserem Besuch zahlreiche Lastwagen, denn das "Institut für Pathologie und Zytologie am Niederrhein" ist zum Mühlenweg 12 umgezogen. Die erste Frage ist: Werden die Leichen dann ganz oder in Einzelteilen verpackt? "Ach, wir haben ja kaum noch Sektionen, also Leichenöffnungen hier", verriet Pathologe Dr. Lothar Beccu. "Die sind über die Jahre immer weniger geworden, wir arbeiten ja nicht für die Kriminalpolizei. Aber das mit den Toten ist natürlich ein Klischee, das sich hält. Da gibt es so einige." Welche denn zum Beispiel? "Das Übelste ist ja, dass wir alles Leichenschänder sein sollen", meint Beccu lachend, der mit seinem komplett weißen Hemd, weißer Hose sowie buntem Jackett und farbenfroher Krawatte sowie seiner quirligen Art definitiv nichts mit alten Vorurteilen gemein hat.

Also es gibt kein großes Leichenschauhaus, das irgendwo in einem dunklen, unheimlichen Keller ist? "Aber nein", sagt Dr. Lothar Beccu amüsiert. "Das war früher so, damit man das alles aus dem Blick der normalen Bevölkerung hatte. Was wir allerdings haben müssen, sind riesige Lagerräume. Denn hauptsächlich kümmern wir uns hier um histologische und zytologische Untersuchungen. Ich bekomme Gewebeproben, lege die unters Mikroskop und untersuche sie. Wir haben jeden Tag um die 100 Proben, und alle müssen noch lange Zeit aufbewahrt werden, das braucht viel Platz."

Gegründet wurde die Pathologie in Geldern am 1. April 2008, und Dr. Beccu ist bereits 35 Jahre im Beruf. Doch warum hat er sich für diesen speziellen Job entschieden? "Nach der Bundeswehr muss man ja was machen, also wurde ich Arzt", erklärt er mit lockerem Grinsen im Gesicht. "Dabei muss man auch immer ein Jahr in der Pathologie verbringen, und das Jahr hat mir eben gefallen, so bin ich dabei hängengeblieben." Doch er kritisiert auch, "dass es leider viel zu wenig Nachwuchs bei den Pathologen gibt. Vielleicht wollen ja manche nicht den ganzen Tag in Apparate schauen und lieber die Leute zum Schreien bringen, wenn man irgendwo einen Schlauch rein schiebt."

Dr. Beccu macht eine kurze Pause: "Aber im Ernst: Das Gute an meinem Beruf ist, dass man sich meist die Dinge ordentlich einteilen kann. Nur schließen geht nicht so gut, denn die Untersuchungen werden ja gebraucht. Wenn man dann mal eine Woche zu hatte, hat man plötzlich keine Kunden mehr, weil die sich zwischendurch alle anderweitig orientiert haben. Deshalb braucht man da Leute, mit denen man zusammenarbeitet. Ein weiterer Punkt, weswegen Pathologen-Nachwuchs schön wäre."

Apropos "Zum Schreien bringen": Was waren denn die unheimlichsten Sachen, die er mal zu Gesicht bekommen hat? "Einmal erstickte jemand, weil er ein ganzes Ei verschluckt hatte. In einem anderen Fall hat es ein anderer geschafft, eine komplette Mandarine runter zu schlingen, die hat dann alles verstopft." Er hält kurz inne und denkt nach: "Mit das Überraschendste war allerdings eine Großmutter, die Rollmöpse aß und einen dieser Holzspieße mit verschluckt hatte. Der hat dann von innen ziemlichen Schaden angerichtet." Aktuell gibt es 20 Angestellte im "Institut für Pathologie und Zytologie am Niederrhein". Als Team-Leiterin macht Praxismanagerin Ilona Leis "alles, außer Befunde", denn schließlich "ist hier oft auch ein ziemlicher Betrieb". Zu viel Betrieb, als dass man Zeit hätte für gruselige Klischees, denn mit einem Blick auf das Institut kann man sagen, dass diese definitiv der Vergangenheit angehören.

(cnk)
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