Geldern "Goldies": Männer klar in der Unterzahl

Geldern · Nach dem Medien-Hype um den Seniorenchor stellt die RP eine nicht zu unterschätzende Minderheit vor: die drei Kerle unter den knapp 20 Sängerinnen, die sich aber wie die Hähne im Korb fühlen dürfen. Ein lockerer Probenplausch.

 Goldiges Männer-Trio: Günter Bockstegers, Adolf Ott und Helmut Camps (v. l.) sind mit Begeisterung bei der Sache, wenn es an Proben und Auftritte geht. Mit dem ganzen Medienrummel in den vergangenen Wochen hatten die Gelderner Senioren nicht mal ansatzweise gerechnet.

Goldiges Männer-Trio: Günter Bockstegers, Adolf Ott und Helmut Camps (v. l.) sind mit Begeisterung bei der Sache, wenn es an Proben und Auftritte geht. Mit dem ganzen Medienrummel in den vergangenen Wochen hatten die Gelderner Senioren nicht mal ansatzweise gerechnet.

Foto: gerhard seybert

Es gibt ein Sektchen an diesem Morgen. Wahlweise mit Orangensaft. Schließlich ist es ja noch früh in der Ex-Fahrradwerkstatt am Markt. Doch nach weit über 420.000 Clicks beim Internet-Videoportal Youtube, Online-Berichten und Zeitungsartikeln in so ziemlich allen relevanten Medien Deutschlands darf man es als Gelderns bekanntester Seniorenchor ja mal krachen lassen. Auch - oder eben gerade - als Mitglied der Generation Silberfuchs, der auch Günter Bockstegers (78), Helmut Camps und Adolf Ott (beide 74) augenscheinlich angehören. Doch wer nun glaubt, der verschwindend kleine männliche Teil von Geldern "Goldies" käme wie ein träges Trio älterer Herren um die Ecke, der sieht sich gewaltig getäuscht. Es sprudelt ganz ordentlich aus den sympathischen Sängerknaben heraus, der Erfolg hat Spuren hinterlassen. Positive Spuren. Dreimal gefühlte Lebensfreude aus Geldern. Klasse.

Auch wenn das 226-Jahre-Triumvirat es langsam leid sein müsste, immer wieder nur auf die Coverversion des Ärzte-Anti-Nazi-Titels "Schrei nach Liebe" angesprochen zu werden - so ganz kommen die Goldkehlchen auch bei diesem Termin nicht an dem bösen Wort im Refrain ("Arschloch") vorbei. Camps lacht: "Komisch: Unseren Enkelkindern versuchen wir bei zu bringen, dass sie keine Schimpfwörter benutzen sollen. Und wir Opas stehen dann auf der Bühne und singen lauthals Arschloch!" Eine Aussage, die auch Adolf Ott zum Schmunzeln bewegt: "Na ja, so ein Lied gegen rechts hat schon einen ernsten Hintergrund. Da darf auch unsere Generation mal deutlich werden." Günter Bockstegers nickt: "Das ist ja auch das schöne an diesem Projekt: Wir singen moderne Musik auf deutsch, die nicht nur wir Senioren auf Anhieb verstehen."

Während mittlerweile die Probe unter Chorleiterin Rebecca Könen und Gitarrist Marcel Grothues (Musikschule Plug & Play) läuft, fällt der Blick auf einen Din-A-4-Zettel, der an die Tür zur Werkstatt geklebt ist: "Goldies-Tour 2015" hat da jemand spaßeshalber hingekritzelt - inklusive einer gehörige Portion Selbstironie. Denn Auftritte gab es schon satt. Auf der Straßenparty. Oder im Düsseldorfer Rockschuppen "Zakk". Und auch einige künftige "Gigs", wie es ein Rockstar wohl nennen würde, sind da schon verzeichnet. Doch vom Rockstar-Status sind die Damen und Herren nun wirklich meilenweit entfernt. Genau wie von einer ganzen Tournee.

"Nein, Autogrammkarten haben wir auch nicht", erklärt Adolf Ott, der von den drei Herren am quirligsten rüberkommt und die Frage nach der Tour so indirekt beantwortet. Überhaupt ist es dem Männertrio, das sich nach eigenem Bekunden in der weiblichen Übermacht richtig wohl fühlt, schnuppe, welche neuen Clickzahl-Rekorde ihre Coverversion immer noch, wenn auch nachlassend, verzeichnet. "Das Singen dieser Musik und das Zusammensein macht einfach Spaß", erklärt Helmut Camps. Seine beiden Mitstreiter nicken.

Kann man so stehen lassen.

(RP)
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