Geldern Grundschule geht bis zum Nachmittag

Geldern · Die Kinder von Walbecks St.-Luzia-Schule haben als Klasse bis 15 Uhr zusammen Unterricht. Zwischen den Fächern ist viel freie Zeit. Die wird mit Arbeitsgemeinschaften gefüllt. Das Konzept fördere die Sozialkompetenz.

Mit dem neuen Schuljahr sind die Walbecker Erstklässler nicht nur mit der Schule neu gestartet. An der St.-Luzia-Grundschule sind sie auch die ersten, die ein neues Konzept ausprobieren. "Es ist an nordrhein-westfälischen Grundschulen nicht unbedingt üblich, das von 14 bis 15 Uhr Unterricht erteilt wird", sagt Schulleiter Christian Pentzek. In Walbeck schon, "weil die Kollegen mitgespielt haben."

Für die Erstklässler bedeutet das, verbindlich bis zur Ende der achten Stunden in der Schule zu bleiben, weil Unterricht ist. Die Tage sind so aufgeteilt, dass die ersten drei Stunden verbindlicher Unterricht stattfindet, danach eine Aufgabenzeit. Ab der fünften Stunde ist viel freie Zeit, auch für AGs. In der siebten und achten Stunde ist dann noch einmal Unterricht. Pentzek hat sich bewusst für diese andere Art der Unterrichtsaufteilung entschieden. "Meiner Meinung nach tun Kindern Pausen zwischendurch gut", sagt er. Mit dem neuen Konzept werde den Kindern Luft verschafft. Außerdem sind sie den ganzen Tag zusammen, auch beim Mittagessen. "Auch das tut ganz vielen Kindern gut", ist er überzeugt.

Die Eltern hatten erst einmal Zeit zu überlegen. "Erst dachte ich: Jeden Tag bis 15 Uhr, ist das das Richtige?", nennt Katrin Roosen ihren ersten Gedanken. "Als ich aber den Stundenplan sah, waren alle Sorgen weg." In den letzten Stunden des Tages dominieren Fächer wie Kunst, Religion, Musik und Sport. Außerdem habe sie den direkten Vergleich. Sohn Philipp geht in die zweite Klasse mit einem normalen Stundenplan, ohne Nachmittagsunterricht. Sohn Jan ist mit der ersten offenen Ganztagsklasse gestartet. "Er kommt nach Hause und ist entspannter, es läuft viel runder." Der Grund: Es gibt keine Hausaufgaben. Die werden in der vierten Stunde in der Schule erledigt als "Aufgabenzeit". Uta Kunz nickt. "Meine Tochter Ella hat jetzt gleich die Profis da, die ihr helfen können."

"Die Profis", das sind die Lehrer. Klassenlehrerin Denise Sommer fasst die Vorzüge noch einmal zusammen. "Die Sozialkompetenz der Schüler ist deutlich besser als bei anderen Kindern, weil die Kinder den ganzen Tag gemeinsam verbringen." Das sei positiv fürs Klassenklima und das wiederum fürs Lernen. "Wem es gut geht, der lernt auch besser", fasst es die Lehrerin zusammen. Außerdem sei da der Leistungsaspekt. "Die Kinder sind positiv motiviert, wenn sie von 8 bis 15 Uhr von Leben und pädagogischen Kräften umgeben sind", drückt es Sommer aus. "Und wir können viel mehr auf die Kinder eingehen."

In den Nachmittagsstunden werden verschiedene AGs angeboten, etwa in Kooperation mit dem Sport- oder Musikverein. Der Förderverein habe mit dazu beigetragen, dass diese Umstrukturierung möglich sei, betont Pentzek. Die Kinder selbst ziehen auch einen weiteren Nutzen daraus. "Sie beginnen den Tag zusammen und schließen den Tag zusammen", drückt es Daniela Bremkens aus, deren Tochter Annika die offene Ganztagsklasse besucht. Das Hinterhertelefonieren nach Freunden, die nachmittags mit einem spielen entfällt. Und ohne Hausaufgaben gehört der Nachmittag der Familie.

"Der Bedarf ist einfach da", sagt Pentzek. "Die Berufstätigkeit beider Elternteile ist heute eher normal, was auch völlig in Ordnung ist." Bei Familie Bremkens ist das nicht der Fall. "Nur Vormittagsunterricht wäre auch gegangen, aber wir haben das definitiv wegen des Konzepts gemacht", sagt die Mutter. Klassenlehrerin Denise Sommer betont: "Ganztag soll das Familienleben nicht ablösen, sondern ergänzen." Vorbild für das Konzept der offenen Ganztagsklasse ist übrigens die Liebfrauenschule Goch. Vorteile sieht Klassenlehrerin Denise Sommer auch für später. "Der Übergang in die weiterführenden Schulen mit Nachmittagsunterricht ist viel einfacher", denn diesen kennen die Walbecker Kinder dann schon.

(RP)
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