Goch-Weeze Halbe Milliarde Euro fürs zweite Gleis?

Goch-Weeze · Aus dem Umfeld der Bahn heißt es, ein kompletter zweispuriger Ausbau samt Elektrifizierung der RE-10-Strecke, wie ihn CDU und FDP verlangen, würde rund 500 Millionen Euro kosten. Das hält der Fahrgastverband Pro Bahn für "Quatsch".

 Der Niersexpress ist derzeit "nur" eingleisig unterwegs, hier auf dem Weg zwischen Geldern und Kleve. CDU und FDP möchten das gerne ändern.

Der Niersexpress ist derzeit "nur" eingleisig unterwegs, hier auf dem Weg zwischen Geldern und Kleve. CDU und FDP möchten das gerne ändern.

Foto: Evers

Die Kreistagsfraktionen von CDU und FDP beantragen, den Landrat zu beauftragen, sich in den Gremien des Nahverkehrs-Zweckverbandes Niederrhein und des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) für den vordringlichen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Kleve-Geldern einzusetzen. Außerdem soll die Strecke Kleve-Krefeld elektrifiziert werden. Ob die Kommunalpolitiker wissen, welcher Kostenaufwand da von ihnen angeregt wird? Aus dem Umfeld der Bahn heißt es, das Vorhaben dürfte locker eine halbe Milliarde Euro kosten.

Der Antrag der CDU- und FDP-Fraktion im Kreistag steht im Zusammenhang mit dem Zugunglück auf einer eingleisigen Bahnstrecke in Bayern am 9. Februar. Inzwischen wurde zwar festgestellt, dass das Unglück auf menschliches Versagen zurückzuführen ist, es sei aber nicht auszuschließen, dass sich ein derartiges Zugunglück auf der Bahnstrecke des RE 10 und insbesondere auf der eingleisigen Strecke zwischen Kleve und Geldern ereignen könnte. Die Kommunalpolitiker argumentieren, dass trotz des Einsatzes modernster Technik technisches oder menschliches Versagen nie ganz ausgeschlossen werden könne. Bekanntlich gibt es auch viele Klagen über überfüllte, störanfällige und deswegen verspätete Züge; ein Zustand, der sich mit dem zweigleisigen Ausbau der Strecke sicherlichverbessern würde, meinen die CDU- und FDP-Vertreter.

Allerdings würde der Umbau der Niederrhein-Strecke viel Geld kosten. Der VRR will sich zu den vermuteten Kosten lieber nicht äußern und verweist auf die Bahn. Auch die hält sich offiziell zugeknöpft, verweist jedoch auf die Notwendigkeit, Gelände zu kaufen, Brücken zu bauen und zu sanieren, die Stellwerkstechnik zu erneuern, den Untergrund für ein zweites Gleis zu schaffen, Bahnübergänge zu verändern sowie viele Kilometer Oberleitung für die Elektrifizierung zu verlegen. Inoffiziell ist aus Bahn-Kreisen zu hören, dass dafür vermutlich mehr als 500 Millionen Euro nötig wären. "Erwirtschaftet" werden Summen, die man für den Ausbau einer Strecke benötigt, durch "Trassenerlöse": Je mehr Züge auf einer Strecke fahren können, um so mehr Beiträge von den Betreibern erhält die DB Netz.

Ob der VRR auf einer zweispurigen Strecke zwischen Kleve und Krefeld soviel mehr Züge einsetzen würde, dass zig Millionen erwirtschaftet würden?

Eine halbe Milliarde Euro zu veranschlagen, hält der Pressesprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Lothar Ebbers, für "Quatsch". Das zweite Gleis sei zwischen Krefeld und Geldern schließlich vorhanden, müsse nur von Geldern bis Kleve gebaut werden.

Tatsächlich werde der Sinn einer Elektrifizierung auch bei VRR und VGN gesehen, vor einer Neuausschreibung der Strecke ließe sie sich aber nicht umsetzen. Die Dieselfahrzeuge, die die Nordwestbahn unterhält, ließen sich nicht etwa umrüsten. Ebbers glaubt nicht, dass auf einer zweigleisigen Strecke zwischen Kleve und Krefeld deutlich mehr Züge pendeln könnten; allenfalls samstags und in Stoßzeiten wäre eine Verdichtung des Taktes denkbar. Wohl aber wäre attraktiv, wenn etwa Züge aus Duisburg oder aus Köln Richtung Niederrhein "abbiegen" könnten.

Zu den Kosten sagt Bahn-Kenner Ebbers: "Man rechnet mit allenfalls zwei Millionen Euro pro Kilometer Elektrifizierung, bei zusätzlich zweigleisigem Ausbau wäre es etwas mehr." Ein Betriebskonzept mit "fliegenden Kreuzungen" bei Kevelaer/Weeze und Goch statt den Vorbeifahrpunkten an den Bahnhöfen Bedburg-Hau und Weeze würde nur wenige Kilometer zweigleisigen Ausbau nötig machen. Die ganze Strecke mit einem Ersatzgleis auszustatten, hält der Pro-Bahn-Vertreter auch aus Sicherheitsgründen für nicht nötig. Ebbers nimmt an, dass das Thema perspektivisch - vermutlich auch mit vagen Kosten unterlegt - im neuen VRR-Nahverkehrskonzept enthalten sein wird.

(RP)
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