Geldern Immer mehr Vorgärten "versteinern"

Geldern · Naturschützer schlagen Alarm. Immer mehr Vorgärten werden zugepflastert oder "Steingärten". Der Verband für Heimatpflege beklagt die Verarmung der Wohngebiete. Bürgermeister Sven Kaiser will auf Hausbesitzer zugehen.

 Viele Hausbesitzer finden es praktisch, ihre Vorgärten mit Kies zu füllen oder zu pflastern. So entfällt die aufwendige Pflege, und es ergibt sich mitunter ein Stellplatz fürs Auto. Naturschützer sehen dies kritisch.

Viele Hausbesitzer finden es praktisch, ihre Vorgärten mit Kies zu füllen oder zu pflastern. So entfällt die aufwendige Pflege, und es ergibt sich mitunter ein Stellplatz fürs Auto. Naturschützer sehen dies kritisch.

Foto: Gerhard Seybert

Eine Lage Folie gegen Unkraut von unten, sauberer Kies darauf, ein rundgeschliffenes Buchsbäumchen oder etwas Grün im Kübel und vielleicht noch ein, zwei Findlinge dazwischen - fertig ist der vermeintlich pflegearme Vorgarten. Oder der Platz wird, weil es praktisch ist, gleich komplett gepflastert und dient fürderhin als Stellplatz fürs Auto. Auch das passiert in Geldern immer häufiger, und nicht immer ist das überhaupt zulässig.

"Aus Naturschutzsicht ist das eine echte Katastrophe", sagt Hermann-Josef Windeln, Vorsitzender des Naturschutzbundes "Nabu" in Geldern-Issum. "Die Gärten galten bisher als Rückzugsräume, in denen Insekten überhaupt noch was zu fressen finden."

Aber der Trend zu Kies und Steinen statt üppigen Sträuchern schwappe wie eine Welle durchs Land: "Einer fängt an, der nächste Nachbar sagt sich: ,Ach, da hab' ich weniger Arbeit', und macht weiter."

Auch in der Politik ist das Thema angekommen: Im Bauausschuss des Rates wollte SPD-Vertreter Hejo Eicker wissen, wie die Stadt dagegen angehen könne, dass Privatleute ihre Flächen wiederrechtlich für Parkplätze planieren. Bürgermeister Sven Kaiser hat angekündigt, auf betroffene Immobilienbesitzer zuzugehen, um Gespräche zu führen.

Ob aber nun rechtens oder nicht: ökologisch ist die Situation so oder so schlecht. Wo Steine liegen und kein Kraut mehr blüht, da ist kein Platz für alles, was summt und brummt, für Hummeln und Wildbienen, für Schmetterlinge und friedfertige Einsiedlerwespen. Zwar geht es bei Vorgärten meistens nur um kleine Ecken in der Bebauung: Viele Hauseigentümer dürften sich fragen, wie groß deren Wert für die Natur so oder so wohl sein sollte. Hermann-Josef Windeln hält das aber für den falschen Blick: Man müsse das große Ganze sehen. "Wenn man diese ganzen Mini-Stückchen zusammenzählt, gibt das viele Quadratkilometer", macht er klar. Auch Josef Jörissen vom Klever Kreisverband für Heimatpflege sind die ums wilde Leben "bereinigten" Gärten ein Dorn im Auge. "Das ist ein Prozess, der im ökologischen Sinne überhaupt nicht vertretbar ist", sagt er: "Da ist die Natur k.o." Sein Verein versuche, mit Tipps und Anregungen entgegenzuwirken. "Aber so lange Leute meinen, dass das eine Erleichterung darstellt, ist dem schwierig beizukommen."

Dabei sei das gar nicht der Fall, versichert er. Auch durch Folien hindurch finde das Unkraut auf Dauer seinen Weg - "und ist dann wesentlich schwieriger zu jäten als in einem normalen Garten". Viele Leute begingen dann die nächste Umweltsünde und griffen zur chemischen Keule.

Tipps der Fachleute für Gartenbesitzer, die der Natur Raum zurückgeben wollen: Hochbeete lassen sich rückenschonend versorgen. Und wer es pflegeleicht haben will, kann sandigen Boden oder Füllkies anlegen und einheimische Stauden einsäen. Geeignete Samenmischungen gibt es zu kaufen.

(RP)
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