Geldern In zwei Stunden nach Togo und zurück
Geldern · Die Volkshochschule Gelderland bietet "Weltreisen durch Wohnzimmer" an. Das Konzept von Catrin Geldmacher ermöglicht authentische Einblicke. Denn die Gastgeber stellen ihr Heimatland vor. Erste Station war Afrika.
Die Begrüßung ist herzlich. Die Frau im bunten Gewand mit den gerüschten Ärmeln und dem Goldrand am Ausschnitt kredenzt bevor es richtig los geht ein erfrischendes Getränk aus Zitronen- und Ananassaft, gewürzt mit Ingwer.
Für zwei Stunden ist Denise Aku Damadu aufmerksame Gastgeberin bei der "Weltreise durch Wohnzimmer". Die Veranstaltungsreihe der Volkshochschule Gelderland hat den Anspruch, authentische Länderberichte zu ermöglichen, weil Leute aus ihrer Heimat berichten. "Ich weiß nicht, ob Sie es wissen: Aber allein im Kreis Kleve leben Menschen mit 160 unterschiedlichen Nationalitäten", sagt Karl-Heinz Pasing zu Beginn des Abends und hofft, mit der Veranstaltung ein Zeichen für die Völkerverständigung setzen zu können. Am Ende des Abends erhält jeder Teilnehmer einen Reisepass mit Stempel zur Erinnerung.
"Wie der Abend wird, das macht aber jeder einzelne aus", ergänzt Andrea Clanzett, die das Konzept von der Weltreise durch Wohnzimmer von Catrin Geldmacher erklärt. Denn die Besucher dürfen die Gastgeber auch mit Fragen löchern. Bevor die Fragen kommen, beginnt Gastgeberin Denise Aku Damadu leise. "Togo ist ein kleines Land", sagt sie und reicht einen Globus herum. Die Besucher müssen zweimal hinschauen, um den schmalen Streifen Land an der Westküste Afrikas zu entdecken. "Anfangs war Togo groß, nach der Kolonisierung gingen Teile an England und Frankreich", erzählt die Togolesin. "Viele in Deutschland wissen nicht, dass Togo auch deutsches Kolonialgebiet war", sagt die Gastgeberin. "Meine Oma hat mit uns noch Deutsch gesprochen." Sie spricht Französisch, das ist Amtssprache in Togo, Ewe ist ihre Muttersprache, Kabiyé beherrscht sie genauso wie eine Sprache aus Ghana und dem Kongo.
Auf dem Tisch steht eine Holzfigur, so eine, die man immer mit Afrika verbindet, eine barbusige Frau, die einen Krug auf dem Kopf trägt. "Stellt man sich die auch in ihrer Heimat hin oder ist das mehr für die Touristen?", will eine Besucherin wissen. "In Afrika haben wir andere Probleme als Deko", sagt die Gastgeberin und erzählt von ihrer Ankunft in Deutschland. Das war 1990 und sie 22 Jahren jung. Ihre Familie sei froh gewesen, dass sie den Schritt gewagt hatte. "Drei meiner Klassenkameraden sind schon tot, viele sind ermordet", gibt sie einen kleinen Einblick in der Leben unter der damaligen Diktatur. Viel geändert hat sich nicht. Der Sohn des ehemaligen Diktators ist nun an der Macht. Korruption an der Tagesordnung. "Afrika ist sehr schön, nur die Politik ist nicht gut", fasst sie es zusammen. Dennoch ermutigt sie zu einer Reise in ihre Heimat. Denn das sei wie in das Eintauchen in eine andere Welt. Das ist zum einen der Flora und Fauna geschuldet. "Elefanten, Affen, Giraffen, Papageien, Krokodile", zählt die Togolesin die Tiere auf, die es in ihrer Heimat gibt und die Zuhörer nur aus dem Zoo kennen. Während der Apfel teuer ist, weil er aus Europa stammt, koste die Ananas so gut wie gar nichts. "Und die Frucht Graviola, die hilft sogar gegen Krebs", sagt Denise Aku Damadu und reicht ihr Handy herum. Auf dem Bildschirm ist die große, grüne, stachelige Frucht zu sehen. Während über Essen philosophiert wird, reicht die Gastgeberin Botokoin herum. Das sind frittierte Bällchen aus Weizenmehl, Hefe, Wasser und Kokosraspeln. Ein weiteres Tablett mit Bananenbällchen macht die Runde und die Gastgeberin lädt zu dem Spiel "Adi" ein. Eine Besucherin setzt sich ihr gegenüber. Zwischen den Frauen ist ein Brett mit mehreren Mulden, in denen Pflanzensamen liegen. Gewonnen hat, wer durch geschicktes Verteilen die meisten behalten darf. Die Besucherin gewinnt, besser gesagt, die Gastgeberin lässt gewinnen und gibt noch die Lebensphilosophie ihres Landes preis und den Gästen mit auf den Weg. "Wir sind fröhlich, immer fröhlich", sagt sie. "Solange du atmest, musst du glücklich sein", dabei strahlt sie über das ganze Gesicht und das beste Beispiel dafür. Nach zwei Stunden sitzt man immer noch im gleichen Wohnzimmer, ist aber um viele Einblicke reicher.