Issum Issums junge Friseurmeisterin

Issum · Nach der Hauptschule absolvierte Kimberly Steuer die Ausbildung und gleich darauf die Meisterschule. Bürgermeister Clemens Brüx gratulierte der 19-Jährigen. Der Weg soll auch anderen Mut machen, beruflich durchzustarten.

 Bürgermeister Clemens Brüx nimmt nur für das Foto Platz auf dem Friseurstuhl, die Haare bleiben dran. An der Schere ist die junge Meisterin.

Bürgermeister Clemens Brüx nimmt nur für das Foto Platz auf dem Friseurstuhl, die Haare bleiben dran. An der Schere ist die junge Meisterin.

Foto: Gerhard Seybert

Die Tür geht auf, und Bürgermeister Clemens Brüx tritt ein. Im Friseursalon "Haarmonie" in Issum ist er aber nicht zum Haareschneiden. Stattdessen ist er zum Gratulieren gekommen, der Termin passte gut in seinen Terminkalender, und der Grund ist ihm wichtig. Er schüttelt die Hand von Kimberly Steuer. Die hat mit 19 Jahren erfolgreich ihre Meisterprüfung abgelegt. "Eine tolle Sache", sagt Clemens Brüx und schiebt noch ein "außergewöhnlich" hinterher. "Mit 19 Jahren den Meisterbrief in der Tasche zu haben, das ist aller Ehren wert", sagt der Rathaus-Chef.

"Sie hat gut durchgezogen", bestätigt Mutter Sibylle Steuer stolz. Nach dem Hauptschulabschluss mit 15 Jahren kam die Ausbildung und gleich im Anschluss die Meisterprüfung. Für sie ist es wichtig, zu zeigen, dass der Hauptschulabschluss keine Einbahnstraße ist, sondern viele Möglichkeiten eröffnet, auch die einer späteren Meisterin. "Man muss nur an sich glauben", sagt Sibylle Steuer. Sie ist Chefin beim Friseursalon "Haarmonie", ihr Mann Detlev Geschäftsführer. Da lag es doch nahe, dass die Tochter Friseurin wird? Die junge Meisterin schüttelt den Kopf. "Mama hat am Anfang davon abgeraten", sagt die 19-Jährige. Des geringen Verdienstes wegen? "Auch", sagt Kimberly Steuer. "Aber auch wegen der langen Arbeitszeiten und dem Arbeiten am Samstag, wenn andere schon Wochenende haben", ergänzt ihre Mutter. Die Tochter machte erst einmal ein Praktikum als Erzieherin. "Und auf einmal hieß es, sie wolle doch Friseurin werden", sagt Sibylle Steuer. "Erzieherin wäre hauptsächlich eine schulische Ausbildung gewesen", begründet die Tochter ihre Entscheidung. Sie wollte Praxis. Die hatte sie schon im Friseursalon erworben. Sie hatte geholfen, gefegt und gewaschen. "Ja, und ab und zu auf die Köpfe geschaut", gibt Kimberly Steuer zu. Mit einer Freundin hat sie dann nachts im Laden gestanden und an Puppenköpfen die Haare aufgedreht. Und einmal auch geschnitten. "Da gab es aber Ärger", sagt Sibylle Steuer. Diese Haare wachsen nun mal nicht nach.

Die Ausbildung zur Friseurin machte sie dann auch im Issumer Geschäft der Mutter. "Sie wollte woanders hin, aber mit 15 Jahren und dem Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre sie erst um 19 Uhr oder später zu Hause gewesen", sagt Steuer. Ihre Eltern wollten ihr aber noch genügend Zeit für Freunde gönnen. Also wurde der Weg zur Ausbildungsstelle so kurz wie möglich gehalten und die Ausbildung im elterlichen Betrieb gemacht. Allerdings hat Kimberly Steuer nicht ihrer Mutter über die Schulter geschaut, sondern Corinna Reszucha (Holtermann). "Das klappt sonst nicht, da ist diese Mutter-Tochter-Beziehung", erklärt Sibylle Steuer. Es sei schon schwer genug für einen jungen Menschen den Spagat zwischen Azubi-Chef zu Tochter-Eltern hinzubekommen. "Wir haben aber mehr als Eltern reagiert, anstatt als Chefs", sagt Sibylle Steuer.

Die Idee zur Meisterprüfung kam von Kimberly Steuer selbst. "Sie musste sich selbst kümmern, selbst lernen. Ich konnte ihr da nichts abnehmen. Und wenn sie es ungern gemacht hätte, wäre es auch nicht so gut gelaufen", sagt Sibylle Steuer. Ihr Mann und sie sorgten für gute Bedingungen, die Kosten für die Meisterschule wurden mitfinanziert, ein Teil lief über das BaföG. "Sie hat jetzt die Schuhe von uns bekommen. Laufen muss sie selber", drückt es ihr Stiefpapa Detlev Steuer aus. Kimberly hat schon weitere Pläne. Mit dem Meisterbrief in der Tasche könnte sie auf der Aida arbeiten. Eine ihrer Mitschülerinnen hat diesen Weg beschritten. Kimberly bleibt aber erst einmal in Issum, im Salon "Haarmonie". "Erstmal soll sie Normalität erleben", sagt ihre Mutter. Ob sie eines Tages den Laden übernimmt? "Wir werden ihr garantiert keine Steine in den Weg legen. Aber mit 19 Jahren muss sie nicht so große Dinge entscheiden", sagt Detlev Steuer. "Sie soll ihren Weg gehen", wünscht sich Mutter Sibylle Steuer. Kimberly Steuer ist fest davon überzeugt, einen Beruf mit Zukunft gewählt zu haben. "Weil der Trend zur Schönheit einfach da ist", begründet ihre Mutter.

(RP)
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