Issum Issums Postgeschichte neu aufgerollt

Issum · In einer alten Kutsche spielten Peter Winkmann und sein Team eine Fahrt von 1868 nach. Rast an ehemaliger Poststation im Altbierdorf, der heutigen Gaststätte "Zur Post". Gleich nebenan ist auch noch das alte Postamt umgebaut worden.

 Die einspännige Postkutsche macht in Issum natürlich auch vor der Gaststätte "Zur Post" Halt. Gezogen wurde das historische Gefährt von Kaltblüter Milow. Gelb im Hintergrund das alte Postamt, das saniert wird.

Die einspännige Postkutsche macht in Issum natürlich auch vor der Gaststätte "Zur Post" Halt. Gezogen wurde das historische Gefährt von Kaltblüter Milow. Gelb im Hintergrund das alte Postamt, das saniert wird.

Foto: Ludvik Arbeiter

Wer am Ostermontag früh genug aufgestanden war, der konnte es hören: das Posthorn, wie zu Kaisers Zeiten. Wahrzunehmen waren auch das Klappern der Hufe und das Schnarren großer Wagenräder. Die Postkutsche machte Station im Altbierdorf, allerdings, wie es der Post im Volksmund nachgesagt wird, nicht pünktlich. Eigentlich sollten Peter Winkmann und sein Team um 11 Uhr an der Gaststätte "Zur Post" halten. Die Sorge um Regen ließ die Kutschleute aber früher aufbrechen.

Wirtin und Eigentümerin Gabriele Tiepoldt von der Gaststätte "Zur Post" hatte Glück und erhaschte einen Blick auf das denkwürdige Schauspiel. Denn Winkmann hatte sich mit seinem Freundeskreis von Krefeld-Linn auf den Weg gemacht, um einen vermeintlichen Totschläger nach Weeze zu bringen - mit der Postkutsche! Denn so ist es am 1. Dezember 1868 tatsächlich passiert. Nachzulesen ist das im Tagebuch des Linner Polizeidieners Joseph Vins. Durch Recherchen im heimatlichen Museum waren die Männer auf das Tagebuch gestoßen. Folgendes war passiert: In der Gaststätte Küppers (heute: Be de Bur) kam es zu einem versuchtem Totschlag. Der Täter wurde mit dem Postwagen, der die Route Köln-Nimwegen fuhr, von Linn nach Weeze gebracht.

Dass die Männer auch in Issum Station machten, ist nur folgerichtig. "Hier war schon immer eine Post- und Raststation", sagt Tiepoldt von der Gaststätte "Zur Post". Bei 150 Jahren hätte sie aufgehört zu zählen. Direkt neben dem Lokal befindet sich das alte Postgebäude. Das erstrahlt in neuem Glanz, seitdem sich das Ehepaar Voortmann des Gebäudes angenommen hat. Bis Ende des Jahres entstehen dort fünf Wohnungen in einem völlig energieeffizient ausgebauten Haus. Trotzdem atmen die Mauern noch alte Geschichte.

Nicht nur die gelbe Farbe lässt erkennen, dass es sich einmal um ein Postgebäude gehandelt hat. Der Schriftzug "Postamt" soll auch wieder angebracht werden. Jutta und Heinz Friedrich Voortmann haben noch alte Postkarten gefunden, die das Gebäude im Original zeigen. Zu Kaisers Zeiten hieß es sogar "Kaiserliches Postamt".

Mit seiner Durchfahrt durch Issum ließ auch Winkmanns Team alte Zeiten wieder aufleben. Die Männer waren alle in historische Kostüme gewandet, ihrer Aufgabe entsprechend. Winkmann war Kutscher, neben ihm Peter Deselaers als Kondukteur.

Seine Funktion war die eines Beifahrers, der für die Sicherheit der Fahrgäste verantwortlich war, aber auch die Fahrkarten entwertete. Als Polizeidiener war Falk Störk mit an Bord. Uwe Girndt kam die unschöne Aufgabe des Beschuldigten zu, allerdings wurde während der Fahrt auf Handfesseln verzichtet. Wie in der wahren Geschichte fuhr auch der Geschädigte, der Fast-Erschlagene, mit. Die Rolle übernahm Thomas van de Sand.

Die einspännige Postkutsche, gezogen vom Kaltblüter Milow, war eine Leihgabe vom Rheinischen Freilichtmuseum Dorenburg in Grefrath. Anders als die Männer vor fast 150 Jahren nahmen die Linner diesmal aber nicht die Hauptverkehrsstraße, sondern Feldwege. "Das ist der Rücksichtnahme auf Lkws geschuldet", begründete Winkmann die Entscheidung, beschaulich durch die niederrheinische Landschaft zu rollen. So brauchten sie vier Tage, statt der damals 22 Stunden, um von Linn nach Weeze zu kommen.

(bimo)
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