Geldern Junge Leute rein in die Flüchtlingshilfe

Geldern · Organisationen beklagen: Es gibt zu wenige Junge, die sich für Asylsuchende engagieren. Dabei wäre ihr Einfluss dringend nötig. Ehrenamtlerin Diana Litschka (26) ist also die Ausnahme. Sie erzählt, was die Arbeit für sie bedeutet.

 Diana Litschka an einem ihrer "Einsatzorte": Im Gelderner Jugendzentrum Check Point ist sie häufig mit geflüchteten Jugendlichen zusammen. Sie begleitet sie zu Veranstaltungen, widmet ihnen Zeit, hat den Verein "Deutsch-Afrikanische Freundschaft" mitbegründet. All das ist anstrengend, lohnt sich aber, sagt sie.

Diana Litschka an einem ihrer "Einsatzorte": Im Gelderner Jugendzentrum Check Point ist sie häufig mit geflüchteten Jugendlichen zusammen. Sie begleitet sie zu Veranstaltungen, widmet ihnen Zeit, hat den Verein "Deutsch-Afrikanische Freundschaft" mitbegründet. All das ist anstrengend, lohnt sich aber, sagt sie.

Foto: Seyb

Diana Litschka aus Geldern, heute 26 Jahre alt, ist schon lange Ehrenamtlerin. Eigentlich hat sie schon als Jugendliche Geflüchteten geholfen. Damals kamen viele Menschen aus dem Kosovo, es ergaben sich Kontakte. "In den Gruppen, in denen man sich früher getroffen hat, hat irgendwann einer gefragt: Kannste mal helfen?" Es ging um Alltägliches: Papiere übersetzen, Wege zu Ämtern erklären. "So hat sich das weiterentwickelt über die Jahre", erzählt Diana. Sie habe wohl einfach, meint sie, immer schon eine soziale Ader gehabt.

Heute arbeitet sie intensiv ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Sie begleitet junge Leute bei Behördengängen, geht mit ihnen zu Verstaltungen, trifft sie im Jugendzentrum oder an anderen Anlaufstellen. "Wir haben viele Familien in Geldern, die keinen Ansprechpartner finden", sagt sie. Sie unterstützt sie in einem Netzwerk von Helfern, hat Kontakte zu Ansprechpartnern von Institutionen und Dolmetschern: "Oft Flüchtlinge, die die Deutsche Sprache schon gelernt haben."

Gerade erst hat Diana gemeinsam mit Mitstreitern einen Verein gegründet: "Deutsch-Afrikanische Freundschaft International." Und als Mini-Job gibt sie beim "Internationalen Bund" - das ist ein Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit - auf 450-Euro-Basis Deutschkurse für Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Mit ihrem Engagement ist Diana aber eine große Ausnahme. Organisationen und Verbände in der Flüchtlingshilfe, beklagen, dass es zu wenig junge Leute gibt, die sich freiwillig einbringen. Die meisten Ehrenamtler sind eher älteren Semesters - nicht selten Rentner, die Zeit und Nerven für die anstrengende Aufgabe haben.

Viele Geflüchtete sind aber junge Leute, und die brauchen Kontakte zu anderen Jungen. "Unter Jugendlichen redet man ganz anders", bestätigt das Diana. "Mit einem 50-Jährigen haben sie andere Gesprächsthemen als mit Gleichaltrigen. Das ist ja normal."

Dabei sind Bekanntschaften unter Gleichaltrigen wichtig, meint sie. Erstens für den Spracherwerb - daran hängt die Integration, ist Diana überzeugt - und, weil man in einem fremden Land erst dann so richtig ankommt, wenn man dort Freunde hat. "Man sagt: Fußball ist die beste Integration. Da ist viel Wahres dran", sagt Diana.

Sie glaubt, dass auch Vorurteile und Fehlinformationen eine Rolle spielen, wenn deutsche Jugendliche sich scheuen, sich einzubringen. "Viele haben falsche Vorstellungen davon, was Flüchtlinge alles bekommen würden. Das wird als Konkurrenzkampf gesehen", so ihre Erfahrung.

Mancher könnte auch dadurch abgeschreckt sein, dass die meisten Geflüchteten schlimme Schicksale haben. Damit kann nicht jeder umgehen. Auch Diana hatte damit schon so ihre Probleme. "Gerade, wenn es um Kinder geht. Wenn ein Geschwisterkind gestorben ist, oder wenn Kinder ohne Eltern nach Deutschland kommen." Das lasse niemanden kalt, sagt sie. "Aber man lernt, damit umzugehen. Ich kann nicht sagen, wie. Aber früher war ich emotionaler, jetzt geht es."

Man müsse ebenso damit leben können, dass es neben aufgeschlossenen, interessierten Leuten auch solche gibt, bei denen man mit keinem netten Angebot weiterkommt. Oder solche, die tatsächlich respektlos oder fordernd sind. Das kann belastend sein.

Andererseits sei die ehrenamtliche Arbeit aber sehr bereichernd: "Man lernt viel daraus. Man macht viele Erfahrungen." Schon die fremden Kulturen kennenzulernen, bringe ihr persönlich sehr viel. So viel, dass sie sich jetzt auch beruflich in diese Richtung orientieren will. Diana Litschka hätte einen Verbesserungsvorschlag, damit sich mehr junge Leute mit Flüchtlingen befassen: Es sollte mehr Angebote geben, die sich ausdrücklich zugleich an deutsche und an geflüchtete Jugendliche richten, meint sie. Dadurch ergäben sich automatisch Kontakte.

Das wäre dann kein "Ehrenamt", sondern etwas viel besseres: Gemeinsamkeit. Und vielleicht fände sich darüber doch der eine oder andere für ein richtiges Ehrenamt bereit.

(szf)
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