Geldern Kein Anschluss Gelderns an Paris

Geldern · Die Köln-Mindener Bahn sollte die Verbindung von Hamburg nach Paris bilden. Aus dem großen Projekt wurde die abgespeckte Form Wesel-Geldern-Venlo. 1975 verschwand die Strecke ganz – samt Gleisanlagen.

 Die alte Brücke der Köln-Mindener Bahn am Holländer See bildet ein letztes Zeichen der ehemaligen Pläne.

Die alte Brücke der Köln-Mindener Bahn am Holländer See bildet ein letztes Zeichen der ehemaligen Pläne.

Foto: Gerhard Seybert

Die Köln-Mindener Bahn sollte die Verbindung von Hamburg nach Paris bilden. Aus dem großen Projekt wurde die abgespeckte Form Wesel-Geldern-Venlo. 1975 verschwand die Strecke ganz — samt Gleisanlagen.

Es hätte die Tür sein können zur großen weiten Welt: Die Köln-Mindener Bahn sollte Hamburg mit Paris verbinden. Mittendrin: Haltestelle Geldern.

Das Projekt schien zum Greifen nah, als französische Ingenieure im September 1862 Vermessungsarbeiten vornahmen. Geplant war das Projekt von einer französischen Industriegröße. Der Magnat Mouton wollte mit seiner Pariser Kapitalgesellschaft das Projekt finanzieren. Als in Geldern bereits Aufbruchstimmung herrschte und die Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung, schied Monsieur Mouton aus der Kapitalgesellschaft aus. Damit war die Streckenführung nach Paris gestorben.

Noch blieb der Glaube an die Strecke Hamburg-Venlo. Tatsächlich gab es 1866 eine Konzession, die an die Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft übertragen wurde. Es sollte aber letztlich nur eine Strecke zwischen Wesel und Venlo werden, die 1874 eröffnet wurde. Probleme bereitete vor allem die Genehmigung für die Brückenüberquerung bei Wesel. Wegen der militärstrategischen Lage der Festung taten sich Kriegsministerium, Festungsbehörde und Rheinstrombauverwaltung schwer, eine Einigung zu finden.

Eine richtige Erfolgsgeschichte sollte die Strecke der Köln-Mindener Bahn durch Geldern nie werden. Irgendwie stand sie immer im Schatten der anderen privaten Eisenbahngesellschaft, der Rheinischen Eisenbahn. Deren Strecke Köln-Kleve existiert noch heute. Sowohl im Reise- als auch im Güterverkehr hatte die Rheinische Eisenbahn immer die Nase vorn, doppelt so viele Nutzer wie die Köln-Mindener Bahn.

Die Rivalität war auch noch woanders spürbar. Die beiden Unternehmen konnten und wollten sich noch nicht einmal auf einen gemeinsamen Bahnhof einigen. Deswegen fuhr die Köln-Mindener Bahn den Bahnhof Ost an. Züge der Rheinischen Eisenbahn hielten am Bahnhof West in Geldern. Das Pech für die Zuggäste, die umsteigen mussten, erwies sich als Glück für die Hoteliers in Geldern. Wer nicht übernachten musste, der nahm eine Kutsche, um von einem Bahnhof zum anderen zu gelangen. Der Fußweg zwischen beiden Bahnhöfen betrug 30 Minuten. Mit schwerem Gepäck dauerte es länger. Erst 1875 wurde eine Gleisverbindung zwischen den Bahnhöfen Ost und West genehmigt. "Zwischen den beiden Geldernschen Staatsbahnhöfen verkehrt ein Verbindungsbähnchen, das siebenmal am Tage hin- und herpendelt unter Sekundärbahngebimmel und Schienengekreisch bei den ganz unmöglichen Krümmungen und Windungen" ist in einer der Akten im Stadtarchiv Geldern nachzulesen.

Die Frage nach einem gemeinsamen Bahnhof, einem Zentralbahnhof, sollte noch viele Jahre heiß diskutiert werden. Ein Hauch der großen weiten Welt umhüllt dann doch noch einmal den Köln-Mindener Bahnhof, als Kaiser Wilhelm II. am 4. Juni 1913 dort eintrifft. Allerdings wurde die Strecke der Köln-Mindener Bahn unrentabel. "Der letzte planmäßige Zug fuhr den Gelderner Ostbahnhof am 28. März 1967 an, und 1975 wurden die Gleisanlagen gänzlich abgebaut", heißt es in den Akten des Geldernern Stadtarchivs. Übriggeblieben ist das ehemalige, mittlerweile denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude der Köln-Mindener-Bahn. Die Gleise sind verschwunden, die Strecke liegt im Dornröschenschlaf. Der Traum von der großen weiten Welt war dann doch nicht mehr als nur ein Traum.

(bimo)
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