Geldern Kreis-SPD verabredet einen Neuanfang

Geldern · Das Wahljahr war für Sozialdemokratie im Bund wie im Kreis Kleve "katastrophal", sagt Norbert Killewald. Dabei habe die SPD die richtigen Themen beackert, findet Barbara Hendricks. Nur wahrgenommen worden sei dies offenbar nicht.

 Norbert Killewald gratulierte Barbara Hendricks im Namen des Unterbezirks zur Eheschließung mit ihrer langjährigen Partnerin.

Norbert Killewald gratulierte Barbara Hendricks im Namen des Unterbezirks zur Eheschließung mit ihrer langjährigen Partnerin.

Foto: nik

Klaus Reiners, SPD-Mann aus Geldern, hatte auf diese Vorlage anscheinend nur gewartet. Er sei "die Flut von Positionspapieren satt", und nach den misslungenen jüngsten Wahlkämpfen habe er den Eindruck, die SPD sei "nicht mehr kampagnenfähig". Diese Ohrfeige war vom Unterbezirk geradezu bestellt worden, denn erst vor wenigen Tagen hatte der Kreisvorsitzende Norbert Killewald im Pressegespräch erklärt, die SPD wolle bei ihrem Parteitag auf eine inhaltlich festgezurrte Tagesordnung verzichten und stattdessen die Mitglieder intensiv zu Wort kommen lassen. Von dieser Möglichkeit machten einige Sozialdemokraten nur zu gerne Gebrauch. Denn das "katastrophale Wahljahr" (Killewald) hat bei ihnen allen Spuren hinterlassen.

Der Kreisvorsitzende hatte die "Mitgliederversammlung mit Werkstattcharakter" eröffnet und Gäste aus dem Paten-Bezirk Erzgebirge begrüßt, die "viel Erfahrung mit wenig Personal" hätten. "Wir sind noch nicht da, wo ihr schon durch musstet", sagte er mit Blick auf die im Osten noch deutlich bescheideneren Mitgliederzahlen. Es müsse ein Weg gefunden werden, die SPD "strukturell mehrheitsfähig zu machen". Josef Gietemann als SPD-Vorsitzender der Stadt Kleve drückte seinen Wunsch aus, die Sozialdemokratie möge künftig wieder als Partei wahrgenommen werden, die Zukunft gestalten kann." Dazu sei ein "grundlegendes Update" nötig, ein Prozess, der jetzt beginne.

Herzlich hatte Norbert Killewald seiner Vorgängerin als Parteichefin, Barbara Hendricks, zu Beginn der Versammlung zur Eheschließung gratuliert. "Alles Gute für Dich und Valerie. Endlich hat der Staat begriffen, dass er nicht mit zweierlei Maß messen kann, und die völlige Gleichberechtigung für gleichgeschlechtliche Paare festgeschrieben", sagte er. Die persönliche Geste freute Hendricks sichtlich, dann aber war Schluss mit Lächeln. Das Referat der SPD-Abgeordneten und Bundesumweltministerin war geprägt von den schmerzhaften Erfahrungen diesen Jahres. Und natürlich fehlten auch nicht einige Querschläge gegen "die anderen", wie die Kleverin inzwischen den bisherigen Koalitionspartner und seine (vermutlich) künftigen Mitstreiter nennt. Hendricks erwarte eine "Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners", die sicherlich nicht erfolgreicher sein werde als die bisherige. Sie nimmt an, dass nach terminierten Parteitagen, Mitgliederbefragungen und abschließenden Koalitionsverhandlungen die Kanzlerin am 22. Dezember gewählt wird. "Wenn ich demnächst vermutlich mein Ministeramt übergeben werde, werde ich vielleicht ein wenig wehmütig sein, aber ihr müsst euch um mich keine Sorgen machen", versicherte die Frau, die noch gestern wieder Richtung Bonner Klimakonferenz aufbrach.

Ihre SPD-Freunde forderte Hendricks, die ihnen als Abgeordnete ja erhalten bleibt, auf, nicht mutlos zu werden, sondern ihre Verantwortung für die Menschen in der Region, aber auch in der Welt ernst zu nehmen. Auch Hendricks hält einen konsequenten Neuanfang für notwendig, ist allerdings der Meinung, im SPD-Wahlprogramm habe eigentlich alles gestanden, was die Menschen beschäftige, aber man sei offenbar nicht in der Lage gewesen, dies zu vermitteln. "Sicherheit" etwa, ein Thema, das für die CDU im Wahlkampf zentral war, ist für Hendricks weit mehr als Polizei und Terrorabwehr. "Die Leute verlangen auch Sicherheit bei der Rente, beim Lebensstandard, bei der Daseinsvorsorge - denkt nur an den Ärztemangel auf dem Land. Dass diese Bereiche zutiefst sozialdemokratische Themen sind, das müssen wird wieder bewusst machen."

(RP)
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