Geldern Modell: Testlabor für kleine neue Läden

Geldern · Statt direkt den Mietvertrag für ein großes Ladenlokal zu unterschreiben, können Existenzgründer in Geldern bald eine "Laden-Ecke" an der Glockengasse mieten. So soll neuen Akteuren im Einzelhandel der Start leichter gemacht werden.

 Diese Regale sollen mit Waren gefüllt werden. Michael Rüscher (IHK), Jens Bormann (Steuerberatungsgesellschaft BJW+P) und Tim van Hees-Clanzett (Stadt Geldern) (v.l.) vor dem zukünftigen Geschäft für Existenzgründer an der Glockengasse 1 mitten in der Stadt.

Diese Regale sollen mit Waren gefüllt werden. Michael Rüscher (IHK), Jens Bormann (Steuerberatungsgesellschaft BJW+P) und Tim van Hees-Clanzett (Stadt Geldern) (v.l.) vor dem zukünftigen Geschäft für Existenzgründer an der Glockengasse 1 mitten in der Stadt.

Foto: Gerhard Seybert

Im Geschäft an der Ecke Glockengasse 1 mitten in der Stadt saß bis Jahresanfang das Sanitätshaus Kessels. Jetzt sind die großen Schaufenster frei, die Räume leer: 200 Quadratmeter Ladenfläche warten auf neue Ideen und Produkte. Das Konzept: Verschiedene Unternehmensgründer, vorzugsweise Einzelhändler, sollen sich darin zusammenfinden. Sie mieten zu vergleichsweise günstigen Preisen je nach Bedarf eine Ecke im Geschäft oder sogar nur Regal-Meter. Auch Arbeitsbereiche könnten abgeteilt werden. Etwa das Büro, über den der Online-Shop betrieben wird, oder die kleine Schneider-Werkstatt, in der genäht wird.

Der Arbeitstitel des Projektes lautet "Retail Lab". Das steht für "Einzelhandel" und "Labor" und soll ausdrücken, dass das Modell ein Experiment ist. Dahinter stecken die Stadt Geldern, die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Steuerberatungsgesellschaft "Beyel Janas Wiemann und Partner".

"Wir glauben, dass es das ist, was den angehenden Einzelhändlern tatsächlich nützt, weil wir ein bisschen Risiko von ihnen abfedern", erklärt Wirtschaftsförderer Tim van Hees-Clanzett die Idee. Denn bei Unternehmensgründungen gebe es hohe Hürden: satte Mieten und Mietverträge, die für Jahre fesseln. Dann muss noch in die Ladeneinrichtung investiert und vorab reichlich Ware beschafft werden, damit die Regale nicht leer aussehen. Nicht zuletzt ist der Verwaltungsaufwand beachtlich.

Wer hingegen im "Labor" nach einem halben Jahr merkt, dass seine Idee nicht fruchtet, kann relativ kurzfristig aussteigen und hat sich nicht gleich finanziell ruiniert. Brummt das Geschäft allerdings, dann soll früher oder später mit Hilfe von Stadt und IHK in ein eigenes Ladenlokal in Geldern vermittelt werden.

Damit das möglichst oft klappt, gehören zum Konzept des Projektes viel Beratung und Unterstützung in der Startphase. Es gibt Hilfe zu wirtschaftlicher Planung, Web- und Außenauftritt, Marketing, Fördermöglichkeiten, Behördenangelegenheiten und dergleichen mehr.

Die Projektpartner von IHK, Stadt und Steuerberatung glauben, dass ihre Idee in Nordrhein-Westfalen ohne Vorbild ist. Im August soll das "Labor" starten. Ab sofort und bis zum 10. Juli dürfen Gründer in spe sich bewerben, um einzuziehen. Sie kommen in ein Auswahlverfahren, damit geeignete Geschäftsideen kombiniert werden: "Wir kümmern uns darum, dass alles zueinander passt", so Tim van Hees-Clanzett. Die Bewerber müssen übrigens nicht aus der Region stammen, und auch Geschäftsleute aus den Niederlanden wären willkommen.

Die Projektkosten wurden bei der Stadt für eine Testphase von einem Jahr mit 25.000 Euro veranschlagt. Der IHK-Geschäftsführer Michael Rüscher sieht große Chancen für Geldern: "Ich brauche einen starken Handel, damit die Innenstadt funktioniert."

Teilnahmeunterlagen und Infos zur Bewerbung gibt es bei der IHK, Markus Gerber, Telefon 0203 2821221, gerber@niederrhein.ihk.de, oder der Stadt Geldern, Tim van Hees-Clanzett, Telefon 02831 398272, tim.clanzett@geldern.de

(szf)
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