Geldern Neustart nach dem schweren Unglück

Geldern · Die Familie Nordmann in Aengenesch hatte im Februar nach einer Explosion fast alles verloren, Susanne Nordmann kämpfte um ihr Leben. Jetzt ist das neue Haus bezogen. Am Freitag kommt es zur Strafverhandlung über den Vorfall.

 Sie wohnen wieder im Zentrum von Aengenesch. Doch Jürgen Nordmann, seine Frau Susanne und ihre Töchter Anna und Ilvy (r.) brauchen noch viel Zeit, um das Unglück zu verarbeiten.

Sie wohnen wieder im Zentrum von Aengenesch. Doch Jürgen Nordmann, seine Frau Susanne und ihre Töchter Anna und Ilvy (r.) brauchen noch viel Zeit, um das Unglück zu verarbeiten.

Foto: Seybert

Seit drei Wochen wohnt die Familie in dem neuen Klinkerbau im Herzen von Aengenesch. An der Stelle, wo bis zum 4. Februar ihr altes Haus stand. Bis es durch eine Explosion zerstört wurde. In einem Strafverfahren wird der Vorfall am Freitag am Landgericht Kleve verhandelt. Egal, wie das Urteil ausfällt: "Für uns wird dieses Unglück nie abgehakt sein", sagt Jürgen Nordmann.

Der 52-Jährige war als Lkw-Fahrer unterwegs, als seine Frau Susanne durch die Explosion lebensgefährlich verletzt wurde. "Ich wollte im Keller Licht anmachen. Dann weiß ich nur noch, dass ich im Flur die Kinder nach draußen scheuchte", erzählt die 44-Jährige. Vor der Verhandlung morgen, in der sie Nebenklägerin ist, hat sie Angst. "Ich weiß nicht, was passiert." Ihr Mann will als Zuschauer im Gerichtssaal sein. "Ein Geständnis wäre gut", meint er. Der Angeklagte, auf den er wütend ist, habe sich bisher nicht entschuldigt.

Eine der negativen Erfahrungen, die, neben dem Leiden der Schwerverletzten, die Familie in den vergangenen sieben Monaten durchmachen musste. Schlimm sei der "Katastrophen-Tourismus" gewesen, erinnert sich Jürgen Nordmann. Radlergruppen guckten sich das Grundstück an, einige seien empört gewesen, dass sie es nicht betreten durften.

Doch es gab auch viel Zuspruch und Unterstützung. Von den Familien Nabbefeld und Arnold zum Beispiel, bei denen die Nordmann-Töchter in der ersten Zeit unterkamen. Von der Familie Scholten, die eine Ferienwohnung auf dem Passerhof zur Verfügung stellte, in dem die Nordmanns ab Juni, nachdem Susanne Nordmann aus der Unfallklinik und der Reha-Maßnahme zurückgekehrt war, zusammen lebten. "Mein Chef sagte mir: Bleib' so lange zu Hause, wie Du brauchst", merkt der Familienvater dankbar an. Und auch der Arbeitgeber seiner Frau half, schickte 25 Mann zum Aufräumen und sammelte für ein Spendenkonto, auf dem auch viele andere einzahlten. Entscheidende Hilfe beim Neuaufbau leistete in Verwaltungsfragen Gelderns stellvertretender Bürgermeister Rolf Pennings. Architekt Clemens Scholten und der Gutachter trieben den Bau voran. "Ich bin so hilflos dankbar, ich bekomme Gänsehaut", gesteht Nordmann, der froh ist, dass ihm der Rücken frei gehalten wurde.

Fast alles hat die Familie verloren. Mit dem Neustart im Haus ist das Unglück nicht verarbeitet. Allein bis die Wunden von Susanne Nordmann verheilt sind, dauert es Jahre. Ihr Mann kommt nicht zur Ruhe und ist zurzeit arbeitsunfähig. "Ab dem 28. Oktober bin ich in psychiatrischer Behandlung."

Das Haus wird nun mit Erdwärme geheizt. "Gas wird es bei uns nicht mehr geben", bekräftigt der Aengenescher.

(RP)
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