Issum Ohne Angst zurück in den Sattel

Issum · Viele Reiter trauen sich nach einem Unfall nicht mehr aufs Pferd. Eine Issumerin fand Hilfe durch ein Coaching für Angstreiter. Maren Dettki ist eine solche Person, sie sich auf die psychologische Beratung spezialisiert hat.

Issum: Ohne Angst zurück in den Sattel
Foto: Seybert Gerhard

Sie streichelt ihr Pferd Lovely am Hals, steigt in den Sattel und trabt los. Dass das so einfach geht, ist für Sandra Exner nicht selbstverständlich. Vor eineinhalb Jahren stellte sich ihr Leben auf den Kopf: Beim Reitunterricht sollte die Issumerin mit ihrer Stute galoppieren. Zuerst stieg die Reitlehrerin auf. "Lovely wollte das nicht und hat gebockt", sagt Exner. Die Reitlehrerin fiel vom Pferd und bestrafte das Tier mit Schlägen. Nach dem Vorfall traute sich Exner nicht mehr auf ihr Pferd. Dabei reitet die 46-Jährige, seit sie sieben Jahre alt ist.

Vor acht Monaten suchte die Issumerin Hilfe. Diese bekam sie von Maren Dettki. Die 29-Jährige bietet ein Coaching für Angstreiter an. Dettki half Exner ihre Panik zu kontrollieren. "Alleine hätte ich das nie geschafft", sagt die 46-Jährige. Die junge Therapeutin weiß, wovon die Menschen sprechen, die zu ihr kommen. Denn auch Dettki hatte 2005 einen Unfall, bei dem sie vom Pony fiel und sich an der Wirbelsäule verletzte. "Die Angst führte so weit, dass ich mein Tier abgeben musste."

Die Moerserin studierte Logopädie, machte dann eine Ausbildung im Bereich psychologische Beratung und Personal Coaching. "Dabei habe ich viel über meine eigenen Ängste gelernt", sagt sie. Da sie das Reiten vermisst hatte, beschloss sie, sich ihren Ängsten zu stellen. Dafür kaufte sie sich ein neues Pferd namens Milka. "Das, was ich gelernt habe, habe ich dann mit mir selber geübt und das Trauma überwunden." Das Wissen wollte sie weitergeben.

Das erste Treffen bei der Beratung findet meistens ohne Pferd statt. Dabei analysiert Dettki das Problem zusammen mit dem Klienten und stellt Fragen wie: "Woher kommt die Angst eigentlich" und "Welche Auswirkungen hat sie?" oder "Was ist der Auslöser?". Alle Ängste werden aufgeschrieben. Meist seien es viele, "doch am Ende stellt sich meist heraus, dass es eine konkrete Situation ist, die die Furcht auslöst", sagt sie als Coach. Auch das Selbstbewusstsein der Klienten wird gestärkt, etwa, in dem aufgezeigt wird, was sich die Reiter alles ohne Furcht trauen. "Meist sind sie erstaunt, wie viel es doch ist", sagt die 29-Jährige.

In der ersten Stunde wird ein Ziel formuliert, an dem beide arbeiten. Zum Beispiel, dass Klienten wieder alleine ausreiten möchten. Wichtig sei es auch, "Angst" zu erklären. Denn per se ist es eine wichtige Schutzfunktion des Körpers. Jedoch wird die Angst zum Hindernis, wenn sie mit den falschen Ereignissen verknüpft und daher unangemessen ist. Erst in der zweiten oder dritten Sitzung kommt das Pferd hinzu. Wichtig ist Maren Dettki dabei, niemanden zu einem Schritt zu zwingen. "Jeder soll in seiner Wohlfühlzone bleiben". So kann ein Ausritt etwa geübt werden, indem der Reiter sein Tier einfach nur führt und immer wieder wenige Meter aufsteigt. Wichtig sei auch, das Selbstbewusstsein der Menschen zu stärken, damit sie dem Pferd Sicherheit geben können.

Die Kommunikation zwischen Pferd und Reiter ist entscheidend. Nicht immer ist für den Menschen klar, warum das Tier in einer bestimmten Weise reagiere. Außerdem spürt ein Tier, wenn der Reiter unsicher ist oder Angst hat. "Diese überträgt sich dann auf das Tier", sagt Maren Dettki. Da körperliche Anzeichen von Furcht, wie ein schneller Atem, häufig unbewusst ablaufen, müssen die Klienten lernen, sich ihre Gedanken und ihr körperliches Verhalten bewusst zu machen. Nur dann können sie es steuern. Das wird in den Sitzungen geübt.

Wichtig ist jedoch auch, dass die Hilfesuchenden Geduld mitbringen. "Eine Angst, die sich über Jahre gefestigt hat, ist nicht nach einer Woche weg", sagt Maren Dettki. Ihre Klienten müssen viel dafür tun. "Ich gebe ihnen das Handwerkszeug mit auf den Weg, aber üben müssen sie selbst." In der Regel würden die meisten zwischen vier und sieben Stunden brauchen", sagt Dettki.

Bei Sandra Exner haben vier Sitzungen gereicht. Natürlich sei die Angst noch ab und an da. "Aber ich weiß jetzt damit umzugehen", sagt die 46-Jährige. Atem- und Entspannungsübungen oder auch sich selbst gut zuzureden würden helfen. Sie ist sich sicher: "Ohne Maren hätte ich mein Pferd abgeben müssen."

(RP)
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