Geldern Plädoyer für die Kunst des Dichtens

Geldern · RP-Praktikantin Celine Cox schreibt über den "Welttag der Poesie", der heute stattfindet. Die 16-Jährige dichtet selbst gerne. Sie hofft, dass der heutige Tag seinen Teil dazu beiträgt, mehr Menschen zum Schreiben zu bewegen.

 Unsere Autorin ist ein Bücherwurm. Besonders die Poesie hat es ihr angetan.

Unsere Autorin ist ein Bücherwurm. Besonders die Poesie hat es ihr angetan.

Foto: Gerhard seybert

Weltweit wird heute der "Tag der Poesie" zelebriert. Der von der Unesco ausgerufene Feiertag erinnert seit inzwischen 15 Jahren an den Stellenwert der Lyrik und unseres Kulturguts Sprache überhaupt. Das Ganze soll besonders Kinder und Jugendliche ansprechen und sie zum Dichten animieren. Für mich als 16-Jährige ein interessanter Gedanke, denn Gedichte können weit mehr verkörpern als bloß schöne Reime. Sie bieten die Möglichkeit, mit den eigenen Gefühlen auf eine Art und Weise zu spielen, von der man als Autor von Prosatexten nur träumen kann.

Spätestens seit den 70-er Jahren gibt es praktisch keine Grenzen in Form und Inhalt mehr. Diese Freiheit macht die Dichtung in meinen Augen nur sympathischer. Sie zwingt niemandem bestimmte Protagonisten auf und verlangt, anders als in prosaischen Texten üblich, weder einen Anfang, noch ein Ende. Manchmal braucht es nicht einmal eine Situation, sondern lediglich den nötigen Willen zu schreiben. Warum scheint es nun so, dass nur vergleichsweise wenige Jugendliche ihre Kreativität durch Gedichte ausleben? Ich denke, dass Dichtung oft als veraltete Kunstform angesehen wird, die Gegenstand von Analysen im Deutschunterricht ist. Kein Wunder also, dass das Interesse für Poesie schwindet, wenn etwas nach Schule klingt!

Man kann Gedichte aber auch anders betrachten: als einzigartige Möglichkeit, Wahrheit und Schein so miteinander zu verknüpfen, dass eine Trennung zuweilen schwer fällt, und gleichzeitig zu klingen "wie ein Abendlied, gesungen am sternenbeschienenen Fluss der Seine" - um es (nach meinem Geschmack) poetischer auszudrücken.

Gedichte können politisch motiviert sein oder einfach Gedanken und Gefühle ihres Autors Wort werden lassen. Wie bereits angesprochen, ist man dabei in seiner Kreativität selten eingeschränkt. Ich persönlich muss sagen, dass mich die Schönheit der deutschen Sprache ebenso motiviert zu dichten. Es ist bedeutend einfacher, Phrasen wie "manch gülden Gewand" (Goethe, Der Erlkönig) in ein Gedicht einzubauen als in eine Kurzgeschichte. Zumindest wenn man um Letztere kein historisches Szenario konstruieren möchte. Gedichte ermöglichen es, fast vergessene Begriffe zu verwenden, ohne gleich über einen Königshof im Mittelalter schreiben zu müssen: Sie versetzen Autor und Leser in eine vergangene Zeit zurück. Weitere Charaktere oder geschichtliche Daten muss der Dichter nicht hinzufügen.

Spätestes an diesem Punkt stimme ich mit der Unesco überein: Die Sprache ist eines der höchsten Güter unserer Zeit. Und auch wenn die deutsche Sprache häufig wegen ihrer angeblichen Härte belächelt und wegen ihrer Kompliziertheit gefürchtet wird, machte sie uns einst wohl nicht grundlos zum Land der Dichter und Denker. Daher hoffe ich, dass der heutige Tag seinen Teil dazu beiträgt, die Dichtkunst auch in der heutigen Zeit zu stärken.

(RP)
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