Kerken Poetry-Slamer Till Reiners punktet mit viel Lokalkolorit in Nieukerk
Kerken · Für den Kabarettisten Till Reiners war die Matinee im Haus Lawazeck in Nieukerk ein wenig wie "nach Hause kommen". Deshalb punktete der gebürtige Niederrheiner mit Auszügen seines Programms "Da bleibt uns nur die Wut" zu Beginn mit Lokalkolorit, amüsanten Anspielungen auf die benachbarten Ortschaften.
Getreu seinem Thema kreierte Reiner "Wuttankstellen", denn die seien ja angesichts fehlender Rohstoffe in deutschen Landen der eigentliche Treibstoff. In seinem Wutgeplänkel "früher war alles besser" hielt er heute rebellischen Zukunftsverweigerern ohne Facebook-Eintrag den Spiegel der Vergangenheitsverweigerer vor, also jenen Bürgern, die einst gegen die erste Volkszählung protestiert hatten. Der seinerzeit bemängelte Eingriff in die Privatsphäre sei angesichts vieler Internetaffären überall abrufbar zwischengespeichert.
Reiners erntete Applaus beim Kreiieren von Werbeslogans bestimmter Berufsgruppen wie "Wir holen das Beste aus Ihnen raus" (Organhändler), oder "Uns fällt immer etwas ein" (Architekten). Der Freund der deutschen Sprache regte sich auf über landläufig benutzte Unwörter wie das "Einzigste" oder "besser wie", fand dagegen Gefallen am Begriff "unwirsch", der eben nur in der Verneinung existiere.
Schließlich brachte er seine Zuhörer in Verlegenheit, dass zwar die Mehrheit den Cern-Teilchenbeschleuniger in Bern kennt, aber praktisch nicht zu beantworten wusste, worauf die eine orangefarbene aufleuchtende Spule am Pkw-Armaturenbrett hinweise.
"Was darf Satire, wie weit darf die Provokation gehen?", fragte der Politikwissenschaftler in die Runde. "Ich sag diese hässlichen Sachen nur, damit Ihr sie nicht denken müsst." Seine These: "Ich glaube nicht, dass Frau Merkel sich privat für Politik interessiert!"
Sehr anschaulich waren auch Reiners plastischen Beispiele für steigerungsfähige Staffelungen von Lügen. "Schlechte Lügen, die mit .... aber .... das wird man wohl noch sagen dürfen ... begleitet werden", begann er in seine Analyse. Darauf folgte Verschleierung und schließlich die absolute Spitze, die Erschaffung einer Gegenrealität.
"Mein Feedback an Euch: Ihr habt das gut gemacht", gab Till Reiners die Lorbeeren des applaudierendem Publikums gerne zurück. Eine Vorstellung auf Einladung des Historischen Vereins für Geldern und Umgegend, die es möglicherweise angesichts des aufstrebenden Kabarett-Talents in dieser illustren Runde nicht mehr geben wird.