Kerken Rahmer macht aus Märchen ein Gedicht

Kerken · Erich Carl gießt die Texte der Gebrüder Grimm in Verse. Die blumige Sprache der Romantik wird von dem 65-Jährigen modernisiert. Beim Kerkener Kultursommer liest er in der Aldekerker Heimatstube.

 Fasziniert von den Märchen der Gebrüder Grimm ist Erich Carl. Er überträgt die alten Geschichten in moderne Verse.

Fasziniert von den Märchen der Gebrüder Grimm ist Erich Carl. Er überträgt die alten Geschichten in moderne Verse.

Foto: Gerhard Seybert

"Es war einmal ein Schneider / sein Job, das waren Kleider / Ein Witwer, den es ständig quälte, / dass die Ehefrau ihm fehlte. / An Söhnen hatte er gleich drei / und 'ne Ziege mit dabei." So und in anderen Abwandlungen beginnen "Märchen in flotten Versen". Im Original sind sie bekannt aus der Feder der Gebrüder Jacob und Wilhelm Grimm, modern am Computer vertextet wurden sie von Erich Carl.

Dazu noch im Versreim. "Ich habe immer schon gerne gedichtet", bekennt der Rahmer. Als inzwischen ehemaliger Lehrer für Französisch und Geschichte am Gymnasium in Neukirchen-Vluyn dachten seine Kollegen ihm stets die Aufgabe zu, besondere Anlässe in Versen vorzutragen. "Das ist immer gut angekommen. Und es hat mir von klein an Spaß gemacht", berichtet der gebürtige Aachener. Dann sei er auf die Idee gekommen, die antiquierte, verstaubte Sprache der Originale von den Gebrüdern Grimm umzutexten. Bei intensiver Arbeit an den blumigen Sprachoriginalen aus der Romantik stehe nach etwa einem Tag das moderne "Gerüst" als Doppelreim. Danach gehe es an die Feinarbeit.

"Ich meinte, mit meiner Aktion Neuland betreten zu haben. Als ich im Internet danach surfte, fand ich freilich Vorlagen zu anderen Themen, die schon als Gedicht existierten. Sogar die Bibel in Versen", so der dreifache Vater.

Der blieb bei seinem Vorhaben. "Märchen in flotten Versen", Heft 1, erschien in zeitgemäßer Sprache mit Dornröschen, Rumpelstilzchen, Hänsel und Gretel, Tischlein deck dich und dem tapferen Schneiderlein.

"Auf dem Märchenfestival in Neukirchen-Vluyn hatte ich einen Stand über den Kontakt zu meiner ehemaligen Kollegin Karin Tochalsky", beschreibt der 65-Jährige die nächsten Schritte, mit seinen Projekten Buch und Druck alter Märchenillustrationen in der Öffentlichkeit vorzustellen. Stets dabei: der Froschkönig mit der goldenen Kugel, sein Talisman. "Dann gab es da eine Begegnung mit einer Frau, die ihrem Ehemann nach einem Schlaganfall regelmäßig Märchentexte vorlas und die ganz begeistert war", erzählt der Rahmer. Das Gespräch spornte ihn an, sein kreatives Projekt weiter zu verfolgen. Er glaube inzwischen, dass seine Leserschaft mehr im Seniorenbereich angesiedelt sei: "Als eine Art Erinnerung, das Aufleben der Kindheit älterer Leute, als damals noch Märchen vorgelesen wurden."

Der Märchen-Dichter veröffentlichte inzwischen das zweite Heft (ISBN 978-3-00-044665-8 und 978-3-00-047967-0). "In Zons gibt es regelmäßig sonntags ein Märchenspiel. Dort habe ich auch schon mit einem Pavillon gestanden", findet der Rahmer neue Interessensgruppen.

Sein Lieblingsmärchen: "Schneewittchen, weil es mir Freude bereitet, die Stimmung des Original-Textes zu transportieren." Ganz gespannt auf sein Publikum ist Erich Carl, der im Rahmen des Kerkener Kultursommers am Sonntag, 21. Juni, ab 15 Uhr in der Aldekerker Heimatstube liest.

Übrigens, mit den anfangs erwähnten Zeilen beginnt das Märchen "Tischlein deck dich", das Erich Carl in seiner Fassung heiter beendet: "Vielleicht, ihr lieben Leute / feiern sie noch heute."

(mk)
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