Straelen Randale im Heim: Suche nach Antworten

Straelen · In einer Heronger Einrichtung für jugendliche Flüchtlinge ist am Donnerstag ein Streit eskaliert. Womöglich "brodelte" es schon länger im DRK-Haus.

 Die Einfahrt zum DRK-Heim in Herongen. Im ehemaligen Schullandheim im Wald sind mehrere Wohngruppen für jugendliche Flüchtlinge eingerichtet.

Die Einfahrt zum DRK-Heim in Herongen. Im ehemaligen Schullandheim im Wald sind mehrere Wohngruppen für jugendliche Flüchtlinge eingerichtet.

Foto: Seybert

Was den dramatischen Streit von Donnerstagvormittag eigentlich ausgelöst hat, bleibt unklar. Die Polizei konnte nur Vages ermitteln: Offenbar seien Wünsche nach Sportprogramm oder Handys nicht erfüllt worden. "Wir sind dabei, das aufzuarbeiten, zu analysieren und zu sehen, was wir daraus lernen können", erklärte gestern einer der Einrichtungsleiter, Daniel Peetz.

Acht Jugendliche kamen in Gewahrsam

Fakt ist: Im Heim für unbegleitete, männliche, jugendliche Flüchtlinge am Nordkanal eskalierte die Lage am Donnerstag ab etwa 10.30 Uhr. In einer Auseinandersetzung mit einem Betreuer gerieten mehrere afghanische Jugendliche außer sich, die Mitarbeiter konnten sie nicht beruhigen, Fensterscheiben und eine Info-Tafel gingen zu Bruch. Die herbeigerufene Polizei nahm am Ende acht 15- bis 17-jährige Jungen in Gewahrsam. Angriffe auf Personen hatte es bei allem Tumult offenbar nicht gegeben.

Dass so etwas passieren könnte, sei nicht abzusehen gewesen, meint Daniel Peetz. "Dass man immer mal wieder in Auseinandersetzungen kommt ist zwangsläufig", sagt er. "Wir haben es teils mit traumatisierten Jugendlichen zu tun, die viele Päckchen tragen. Wir arbeiten intensiv die Fluchtgeschichte auf." Konflikte seien bei so einer Tätigkeit normal. Aber das Geschehen von Donnerstag sei eine "absolute Ausnahme", so Peetz: "In der Form haben wir das noch nie gehabt."

Bewohner klagen über respektlosen Umgang

Von schwelenden Unzufriedenheiten mit der allgemeinen Situation in der Einrichtung weiß er nichts. Nach RP-Informationen gibt es die aber. Aus den Reihen der jungen Bewohner drangen in den vergangenen Wochen Klagen nach außen.

Wesentlicher Vorwurf: Die Bewohner würden respektlos und ruppig behandelt. Es gebe Provokationen und Drangsalierungen durch einzelne Verantwortliche, und Jugendliche seien gedrängt worden, bei Kontrollen und Besuchen von außerhalb "das Richtige" zu sagen.

"Das weisen wir ganz entschieden von uns", reagiert Daniel Peetz auf die Anschuldigungen. "Wir vertreten die Werte des Deutschen Roten Kreuzes." Dazu gehöre vor allem ein menschlicher Umgang.

Dass die Jugendlichen Wertschätzung erführen, sei einer der wichtigsten Leitsätze im Haus, ergänzt die zweite Einrichtungsleiterin, Fabienne Teichner: "Wir wollen ein gutes Zuhause bieten." Sie sei erschrocken über die Aussagen.

Heim hat 30 Bewohner

Das Heronger Heim, ein ehemaliges Schullandheim, ist seit April in Betrieb. Träger ist die "Betreuungsdienste Westfalen-Lippe gGmbH" des Deutschen Roten Kreuzes. Bis zu 30 Bewohner zwischen 15 und 17 Jahren dürfen darin betreut werden. Zuletzt waren 19 Plätze belegt, die aktuelle Zahl liegt bei elf: Die acht am Streit Beteiligten wurden auf andere Einrichtungen verteilt.

Dass in einer Anlage mehrere Wohngruppen zusammengefasst sind, wodurch eine große Zahl Halbwüchsiger zusammenkommen kann, sei nicht der Normalfall in der Jugendhilfe, erklärt die Sprecherin der Trägergesellschaft, Ina Ludwig: "Aber es ist eine reguläre Variante." Die abgeschiedene Lage des Heronger Heims sei einerseits gut, weil sie viel Ruhe biete. Eine Herausforderung sei unter diesen Bedingungen andererseits die Integration.

Unbegleitet geflüchtete Jugendliche werden, ähnlich wie erwachsene Geflüchtete, über das Land verteilt. Im Heronger Heim leben somit vor allem solche, die dem Kreis Kleve durch das Land Nordrhein-Westfalen zugewiesen werden. Bei freien Kapazitäten können aber auch Plätze an andere Jugendämter vergeben werden.

(RP)
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