Johannes Pölka Rap mit guter Nachricht

Geldern · Mit neuem und gleichzeitig letztem Album geht der ehemalige Issumer mit der Gruppe "Cross" an den Start. Identitätssuche, Krisen und ein Dank an die Eltern haben auf "Neo" Platz. Ein Gespräch über die Lyrik der Psalme und christlichen Glauben.

 Johannes Pölka und Sängerin Isi im Westpark Bochum.

Johannes Pölka und Sängerin Isi im Westpark Bochum.

Foto: Samuel Hering

Es ist ja eher ungewöhnlich, einen kompletten Psalm aus der Bibel zu rappen. Ziemlich mutig.

Johannes Pölka Mutig, danke. Die Sängerinnen Isabel "Isi" Raschke, meine Frau Lisa Marie und ich sind gläubige Menschen. Wir haben einen großen Bezug zum Glauben an den christlichen Gott. Deswegen finde ich es nur natürlich, dass es in unsere Musik einfließt.

Der Song Psalm 90 ist nicht die einzige Stelle mit biblischem Text im Album Neo, oder?

Pölka Im Lied "Spiegelbild" geht es eine ganze Strophe lang darum, was die Bibel zu meiner Identität sagt. Isi fand das zunächst tatsächlich zu krass, vielleicht zu christlich, das so rauszurappen, aber für mich persönlich ist das mein Glaube. Ich will damit auch bewusst provozieren, in dem Sinne, dass Menschen sich damit auseinandersetzen: Es gibt einen Gott, der mich annimmt und inneren Frieden gibt.

Gleich zu Beginn des Albums sprichst Du eines der Klischees an und betonst, dass es Euch nicht um dicke Goldkette, sondern um etwas anderes geht. Was ist das andere?

Pölka Für mich ist es wichtig, dass die gesamte Mucke mit einer Botschaft verbunden ist. Dazu gehört auch unser christlicher Glaube. Unser Ziel ist es, Gott groß zu machen, aus Dankbarkeit heraus. Wir wollen aber auch ein klares Statement setzen zu bestimmten Situationen.

Also ist das neue Rap-Album Neo eine bunte Mischung?

Pölka Es geht um wichtige Lebensthemen, Glaubenszweifel, Hilflosigkeit, vieles was aktuell in der Welt passiert. Musik zu machen, soll mindestens ein Gefühl erzeugen. Es geht aber auch darum, Inhalte zu transportieren. Die Musik soll eine echte Bereicherung sein, eine Freude für die Zuhörer. Das ist im Rap-Klischee nicht unbedingt Standard. Dabei bietet Rap eine unheimlich Chance, gute Inhalte zu transportieren, weil Platz für viele Worte ist. Das wird noch viel zu wenig genutzt.

Hilft Rap glauben?

Pölka Viele Menschen haben keinen Zugang mehr zur Bibel, denken, die ist langweilig. Während des Theologiestudiums habe ich darauf einen anderen Blick bekommen. Die Psalmen sind zum Beispiel im Original kunstvolle Lyrik. Das kommt so beim Bibellesen oft nicht rüber. Mit Rap wähle ich eine moderne Kunstform, um einen Zugang zur lyrischen Kunst in den Psalmen zu schaffen.

Warum machst Du Musik?

Pölka Es gibt so viele Themen, die müssen einfach raus. Es ist ein bisschen wie die Frage, warum jemand einen bestimmten Beruf ergreift. Die Antwort ist, weil er eine ganz große Freude dabei empfindet. Es ist dieses Gefühl, am richtigen Platz zu sein.

Nun mal zu konkreten Inhalten. Im Song Nabelschnur geht es um Eltern. Du bist jetzt 26 Jahre alt, ist es das typische Alter, sich damit auseinanderzusetzen?

Pölka (lacht) Ja, das kann sein. Vor ein, zwei Jahren kam Isi und mir die Idee, unseren Eltern mal bewusst mit einem Song Danke zu sagen. Das hätten wir vor fünf Jahren vielleicht so nicht gemacht. Aber auch, wenn wir selber noch nicht Eltern sind, spürt man langsam die Tragweite, was es bedeutet, für einen anderen Menschen Verantwortung zu übernehmen. Und wenn man raus ist aus den tagtäglichen Alltagskonflikten zwischen Zimmer aufräumen und pünktlich zu Hause sein müssen, weiß man die Beziehung zu den Eltern noch mehr zu schätzen.

In einem Song heißt es: "Zweifel sind wie Hausarbeiten: Man mus damit fertig werden." Wann fallen Dir solche Texte ein?

Pölka Das war zu einer Zeit, als ich viele Hausarbeiten im Rahmen meines Lehramtsstudiums schreiben musste. Es kam aber auch daher, weil wir uns bewusst mit dem Thema Glaubenszweifel auseinandergesetzt haben. Das passte damals gut zusammen und ich finde, "Zweifel sind wie Hausarbeiten: Man muss damit fertig werden" ist ein geiles Wortspiel oder eben eine platte, aber lebensnahe Wahrheit.

Das Lied "Wat willst Du" gehört zu meinen persönlichen Favoriten. Und was ist auf dem Album Dein Lieblings-Song?

Pölka Mein persönlicher Favorit ist "Spiegelbild", aber "Wat willst Du" macht auch Spaß. Ich habe voll Lust, dass mal live zu rappen. Ich mag die Oberflächlichkeit in der simplen Frage und gleichzeitig ist da die tiefgehende Aufforderung: Überleg sorgfältig, was du tun willst und lasse dich nicht mehr davon abbringen.

Das neue Album heißt Neo. Warum?

Pölka Es war die tiefe Sehnsucht nach was Neuem, weg von der Routine. Wir hatten den Anspruch, dass jede Idee sich seinen Platz auf dem Album erkämpfen musste. Neo steht aber auch dafür, dass der Glaube an Gott Menschenherzen neu machen kann. Jeder Mensch ist eine sehr gute Idee von Gott, das zu entdecken, darum geht es.

Gleichzeitig ist Neo aber auch Euer Abschiedsalbum nach den Alben Flügel und Metamorphose. Wehmütig?

Pölka Ich persönlich bin glücklich darüber, mit Neo einen guten Schlussstein zu hinterlassen. Jedes Ende von etwas Schönem hat auch was Trauriges, es hat aber auch mit dem Gefühl von Freiheit zu tun und der Spannung, wie es weitergeht. Thematisiert haben wir das in unserem letzten Song auf dem Album: Abschied.

DIE FRAGEN STELLTE BIANCA MOKWA.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort