Prozess in Kleve Schlüsseldienst-Prozess: Student erhielt horrende Rechnung

Geldern · Am sechsten Prozesstag um mutmaßliche Abzocke bei Schlüsseldiensten ging der Zeugen-Marathon weiter. Monteure und Kunden der "Deutschen Schlüsseldienst-Zentrale" sagten gestern im Prozess gegen den 39-jährigen Weezer und den 57-jährigen Gelderner aus.

 Landgericht Kleve: Die Anklagebank am ersten Prozesstag.

Landgericht Kleve: Die Anklagebank am ersten Prozesstag.

Foto: Eve

Gleich sieben ehemalige Monteure schilderten im Zeugenstand ihre Erfahrungen mit der Schlüsseldienst-Zentrale. Sie erhielten für jeden ausgeführten Auftrag zwischen 30 und 50 Prozent des Entgelts und mussten den Restbetrag an das Schlüsseldienst-Imperium mit Hauptsitz in Geldern abführen.

Wie hoch der Anteil der Monteure ausfiel, hing von ihrer Erfahrung ebenso wie den Einnahmen ab. Ein 52-jähriger Schlosser aus Duisburg etwa, der von 1996 bis 2008 mit der Zentrale zusammengearbeitet hatte, erhielt die Hälfte jedes Rechnungspreises. In ganz Deutschland war er für die beiden angeklagten Unternehmer im Einsatz. Bereits 2004 hatte er in einem früheren Prozess gegen den Gelderner aussagen und dort einräumen müssen, dass er Rechnungen durch absichtliche Beschädigungen künstlich in die Höhe getrieben hatte. "Seitdem habe ich meine Arbeitsweise aber komplett geändert", beteuerte der Zeuge, der nun als fester Angestellter für ein Duisburger Schlüsseldienst-Unternehmen arbeitet.

Andere Monteure mussten sich mit 30 Prozent begnügen - etwa ein 27-jähriger Ratinger, der gestern ebenfalls aussagte. Er hatte nicht nur Anteile an die Gelderner Zentrale abführen müssen, sondern auch an einen weiteren Monteur, der ihn angelernt hatte. "Das hat sich für mich nicht rentiert", so der 27-Jährige, der in ganz Deutschland und in Österreich Einsätze fuhr. Klare Vorgaben von der Deutschen Schlüsseldienst-Zentrale hinsichtlich der Preise - das bestätigten gestern alle Monteure - habe es nicht gegeben.

Ein Berliner Student, der gestern als ehemaliger Kunde aussagte, schilderte seine unerfreuliche Erfahrung mit dem Gelderner Schlüsseldienst-Imperium: Nachdem er sich aus seiner Wohnung ausgesperrt hatte, stieß er im Internet auf eine der unzähligen Nummer, die allesamt ins Gelderner Callcenter führten. Am Telefon hieß es zunächst, die Dienstleistung würde etwa 200 Euro kosten.

Obwohl der Student die Tür nicht verschlossen hatte, beschädigten die beiden Monteure das Schloss bei ihrer Arbeit und verlangten anschließend für wenige Minuten Arbeit 590 Euro von dem jungen Mann. "Auf der Rechnung wurde dann rhetorisch geschickt vermerkt, dass der Kolben ohne mein Eigenverschulden beschädigt worden sei - als könnte ich damit Ansprüche bei der Versicherung oder ähnliches geltend machen", erinnerte sich der Zeuge vor Gericht.

Der Prozess wird Ende kommender Woche am Klever Landgericht fortgesetzt.

(jehe)
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