Geldern Sozialpraktikum eröffnet Perspektiven

Geldern · Bislang wusste Jessie de Laat ganz genau, was sie später machen will. Tierärztin werden. Liegt nahe, die 15-Jährige liebt Tiere und ist begeisterte Reiterin. Doch nachdem Jessie ein Praktikum im LVR-HPH-Wohnverbund Peiterstraße in Kleve absolviert hat, ist sie nachdenklich geworden. "Vielleicht", sagt die Gymnasiastin, "möchte ich doch etwas Soziales machen, etwas mit Menschen." Jessie geht in die 9c des Klever Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums. In diesem Schuljahr steht das Sozialpraktikum auf ihrem Stundenplan.

 Jonas Hendricks beim Spaziergang mit Marlene Nielen.

Jonas Hendricks beim Spaziergang mit Marlene Nielen.

Foto: LVR

Die Jungen und Mädchen haben die Wahl zwischen verschiedenen Einrichtungen für Senioren, Kindern und Menschen mit Behinderung. Dass Jessie sich für den Wohnverbund Peiterstraße entschieden hat, kam nicht von ungefähr. "Eine Freundin von mir hat wiederum einen Freund mit einer Behinderung. Das ist ein total netter Mensch, ich dachte mir, dass ich hier noch mehr nette Menschen kennenlerne." Und dabei auch noch helfen kann. Den Männern und Frauen, die im Wohnverbund leben, aber auch dem Team von Stephan Vleugels an der Peiterstraße. Jessie packte mit an beim Aufräumen und Tisch decken, ging mit den Menschen aus dem Wohnverbund spazieren und einkaufen. Und wenn nachmittags einer von ihnen Lust auf eine Partie Mensch-ärgere-Dich-nicht hatte, sagte sie nicht nein. "Es geht auch darum, denjenigen, die hier leben, den Tag zu verschönern." Am besten hat ihr gefallen, neue Bekanntschaften zu schließen und "ihnen ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern".

Das Sozialpraktikum gibt es nicht an jeder Schule. Es sei, so Doris Friedrich-Brockhoff, beim LVR-HPH-Netz Niederrhein zuständig für die Personalentwicklung, für die Schüler ein "Ort des sozialen Lernens außerhalb des Klassenzimmers" und die Möglichkeit, Menschen in anderen Lebenslagen kennenzulernen. Seit 2012 kooperiert das LVR-HPH-Netz Niederrhein mit dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Zwölf Plätze in Wohnverbünden und Heilpädagogischen Zentren (HPZ) stehen zur Verfügung, in diesem Jahr sind zwei Drittel davon besetzt. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. "Alle sind begeistert von der Art und Weise, wie gerade Jüngere auf Menschen mit Behinderung zugehen und sich während des Praktikums engagieren." Manche auch darüber hinaus. So komme es immer wieder vor, dass Praktikanten später zurückkommen. Zum Beispiel als Auszubildende im Bereich Heilerziehungspflege, als jemand, der oder die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert.

Wenige Kilometer Luftlinie von der Peiterstraße in Kellen entfernt, in Kranenburg-Nütterden, ist Jonas Hendricks aus der 9a des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums gerade von einem Spaziergang mit Marlene Nielen zurückgekommen. Die ältere Dame hat den Ausflug genossen, viel frische Luft gab es und eine nette Unterhaltung mit dem 14-Jährigen. Durch das Sozialpraktikum hat Jonas zum ersten Mal in seinem Leben Kontakt zu Menschen mit geistiger Behinderung bekommen. Sein älterer Bruder hatte ihn auf die Idee gebracht, auch er hatte sein Praktikum im Wohnverbund absolviert. "Und erzählt, wie angenehm die Leute im Umgang sind." Was er nur bestätigen kann.

(RP)
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