Handball Auf der Emotionswelle nach Solingen

Aldekerk · Handball-Nordrheinliga: Mit Torwart Janik Schoemackers sind die Aldekerker Männer zuletzt nicht ganz so schlecht gefahren. Heute Abend steht das nächste Spiel auf dem Programm. Gegner ist der Bergische HC II. Anwurf ist um 19 Uhr.

 Groß war die Freude der Aldekerker Spieler nach dem 35:33-Erfolg über die HSG Siebengebirge: (von links) Richard Pasch, Thomas Plhak, Matome Rampyapedi, Janis Kempmann, Tobias Reich, Fabian Schwartz, Thomas Jentjens, Benedikt Liedtke und Janik Schoemackers.

Groß war die Freude der Aldekerker Spieler nach dem 35:33-Erfolg über die HSG Siebengebirge: (von links) Richard Pasch, Thomas Plhak, Matome Rampyapedi, Janis Kempmann, Tobias Reich, Fabian Schwartz, Thomas Jentjens, Benedikt Liedtke und Janik Schoemackers.

Foto: Heinz Schütz

Wenn die Geburtsstunde Aldekerker Siege in der Männer-Regionalliga jetzt jedes Mal eine dermaßen nervenaufreibende Geschichte werden sollte, dann müssen sich die Verantwortlichen des Clubs ernsthaft Gedanken darüber machen, ob sie das Erste-Hilfe-Personal in der Halle aufstocken und mit einem größeren Vorrat an Kreislauf stärkende Pülverchen versehen. Zweimal innerhalb von nur acht Tagen hatten die Aldekerker Handballer die Spannungsschraube bis zum Anschlag gedreht.

Zunächst war da die Schlussphase in der Sporthalle auf der Essener Margarethenhöhe. Die Aldekerker krönten kurz vor Schluss ihre Aufholjagd mit dem Führungstreffer von Thomas Plhak, der von der Siebenmeterlinie ein ebenso ruhiges wie treffsicheres Händchen bewies. Anschließend rettete der ATV den Vorsprung durch die großartige Tat von Janik Schoemackers ins Ziel. Der Aldekerker Keeper hatte sich auch schon davor mit prima Reaktionen den Respekt der Mannschaft verdient.

Das war spannend, hatte schon einen Hauch von Hitchcock. Doch was die Grün-Weißen eine Woche später vor den eigenen Anhängern, die sie zwei Wochen vorher gegen einen zugegebenermaßen technisch und taktisch starken Drittliga-Absteiger SG Langenfeld ratlos zurückgelassen hatte, stellte das in Essen zusammengerührte explosive Gemisch noch einmal in den Schatten.

Und wieder folgte das Drehbuch einem "bewährten" Muster. Zunächst quälten die Aldekerker Spieler ihre Anhänger. 40 viel zu lange Minuten ließ man sich von einem physisch starken, aber handballerisch nicht übermächtigen Gegner auf stellenweise zu einfache Weise die Grenzen aufzeigen. Bis die deutlichen Worte von Aldekerks Trainer Matthias Sommer, die dieser während einer Ausszeit und in der Halbzeit-Pause abfeuerte, die Mannschaft erreichten, durften sich die Gäste aus dem Siebengebirge auf der Siegesstraße wähnen. Und mit ihnen wohl auch viele Zuschauer in der Vogteihalle. Der Glaube an einen Aldekerker Sieg war bei einem auf fünf Tore angewachsenen Rückstand nur bei den nimmermüden Optimisten noch vorhanden. Wozu die Spieler der zweiten Aldekerker Mannschaft gezählt werden müssen, die am vergangenen Samstagabend das Vorspiel bestritten hatten, aber immer noch nicht ausgepowert schienen. In Mannschaftsstärke hatten sie sich vor dem Kabinentrakt versammelt. Jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer, den die Kollegen aus der Ersten in ihrer fast schon aussichtslosen Lage auf die Spielfläche streuten, verstärkten sie mit Anfeuerungsrufen. Später stimmten die Zuschauer auf der Tribüne, sofern ihr Herz für Grün-Weiß schlug, mit ein.

Gegen Ende des Spiels hatten die Aldekerker Regionalliga-Handballer mit einem nahezu unbändigen Willen, den Bock doch noch umzustoßen, den Rückstand in einen Sieg umgedreht. Und wieder galt nach dem Abpfiff der Dank dem eingewechselten Keeper Schoemackers, der in der entscheidenden Phase des Spiels abermals zum Rückhalt der Mannschaft wurde. Torwartkollege Christian Thommessen, der in den für seine Mannschaft aussichtslosen Minuten des Spiels zwischen den Pfosten zubringen musste, sprach anerkennend vom "Schornsteinfeger unseres Vertrauens". Gemünzt auf eben diesen Schoemackers, der berufsbedingt den Kunden auch schon mal aufs Dach steigen muss.

Am Ende des Abends in der Vogteihalle hatte der ATV die HSG Siegengebirge mit 35:33 geschlagen und in der Tabelle mit 5:3-Punkten einen Sprung ins Mittelfeld der Tabelle gemacht. Ein Sieg, der viele Unzulänglichkeiten im Aldekerker Spiel überdeckte. Jedenfalls so lange, bis ATV-Coach Sommer das Training unter der Woche dazu nutzte, um den Finger in die Wunde zu legen und mit der Mannschaft daran zu arbeiten, es zukünftig gleich besser und damit weniger aufregend zu machen. Nicht zuletzt aus eigenem Interesse. Denn der Aldekerker Coach war im Spiel gegen die HSG Siebengebirge gezwungen, alle Register zu ziehen, um Stabilität und Aggressivität in die Abwehr seiner Mannschaft zu bekommen.

Von daher darf man gespannt sein, was die Aldekerker Handballer heute Abend bei den U 23-Junioren des Erstliga-Absteigers Bergischer HC auf die Beine stellen werden. Gespielt wird nicht in der für Viertliga-Spiele ohnehin ungeeigneten, weil viel zu großen Klingenhalle, sondern in der weit passenderen Sporthalle an der Wittkuller Straße.

Wer den Gegner, der sich je nach Gegebenheit mit Spielern aus dem Jugend-Bundesligakader oder dem Zweitliga-Kader verstärken könnte, nur an Hand seines zurzeit nicht berauschenden Tabellenstandes beurteilt, dürfte unter Umständen eine schmerzhafte Erfahrung machen. Die von Trainer Jörg Müller betreuten Handballer, die alle mit dem Ball umzugehen verstehen, weist nach fünf Liga-Einsätzen 3:7-Punkte auf und wird alles daran setzen, mit einem Heimerfolg mehr Futter aufs Konto zu bekommen. Auf Solinger Seite wird man sich darüber informiert haben, wie die Aldekerker bisher ihre Punkte eingesammelt haben - und zwar durch viele 1:1-Situationen und Willenskraft, weniger durch geduldiges Kombinationsspiel, das das ATV-Spiel in der Vergangenheit geprägt hat.

Dagegen werden sich die Aldekerker Anhänger wünschen, dass ihre Mannschaft heute in Solingen nicht erneut eine Berg- und Talfahrt der Emotionen abliefert. Es geht nämlich auch anders - und das Potenzial dazu hat der ATV allemal.

(RP)
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