Ultraleichtflieger Der Gartenstuhl am Himmel

Ihre Fluggeräte werden verächtlich Drahtverhaue und Propellermotten genannt. Dennoch haben die Ultraleicht-Flieger ihren Platz in der Luftfahrt gefunden – so auch in Aldekerk.

Ihre Fluggeräte werden verächtlich Drahtverhaue und Propellermotten genannt. Dennoch haben die Ultraleicht-Flieger ihren Platz in der Luftfahrt gefunden — so auch in Aldekerk.

Wer nicht weiß, wo zwischen Aldekerk und Schaephuysen der Ultraleicht-Flugplatz liegt, der fährt garantiert vorbei. Nur der Hangar, der ganz allein auf dem Feld steht, weist darauf hin, dass hier der Ultraleichtflieger-Club Kerken zuhause ist. Vor und hinter der Halle: kein Flugzeug, keine Landebahn. Oder doch?

Erst, wenn man auf dem Gelände ist, sieht man die mit Reitern markierte, rund 270 Meter lange Graspiste und den einsam auf dem Feld hängenden Windsack. In einer Ecke sind Anhänger für den Fliegertransport versteckt. Auf einem Schild steht die Einladung zu Rundflügen.

Setzkasten für Flugzeuge

Erst als der erste Vorsitzende der Kerkener Flieger, Friedhelm Essers, eines der großen Hangartore öffnet, werden die Fluggeräte sichtbar. Rund 35 Stück stehen und hängen in der Halle, als hätte ein Sammler seine schönsten Modelle im Setzkasten platziert. "Wir haben uns ein ganz kniffliges System ausgedacht, dass jeder Flieger in die Halle passt und nichts kaputtgehen kann", zeigt sich Essers stolz über den Hangar. Egal, ob der Flieger unter der Decke hängt oder auf dem Boden parkt — länger als fünf Minuten brauche keiner, um an sein Fluggerät zu kommen, versichert er.

Seinen Ultraleichtflieger hat Essers im Nu herausgezogen. Sein Eurofox sieht für den Laien wie ein normales Sportflugzeug aus. Der Hauptunterschied liegt im Gewicht: Ein Ultraleicht-Flugzeug darf maximal 472,5 Kilogramm auf die Waage bringen — Pilot und Passagier eingeschlossen. Ein klassisches Sportflugzeug wiegt etwa drei Mal soviel.

Essers' Flieger ist nur eine Variante in der bunten Palette der Ultraleichtflieger. "Der Gleitschirm oder Drachenflieger mit Heckmotor ist im Prinzip der Urahn", weiß Essers. Diese haben sich zum Trike weiterentwickelt. Als diese zunehmend eine geschlossene Pilotenkanzel aufwiesen, passten sie sich in der Form zunehmend den Sportflugzeugen an. Spitznamen haben sie von anderen Fliegern immer mitbekommen. Drahtverhau und Propellermotte sind heute noch üblich. Essers schwärmt von einem Gartenstuhl am Himmel: "In meinem Flieger ist es aber noch bequemer." Auf eine Heizung muss er an kalten Tagen auch nicht verzichten.

Als "Selbstmörder" geächtet

Die Ultraleichtflieger hatten von Beginn an einen schweren Stand in der Fliegerei. "Sportflieger, auch Segelflieger, haben die Ultraleicht-Pioniere zu Beginn nie für voll genommen", sagt Essers. Ein wenig kennt er dies noch aus eigener Erfahrung. Der Deutsche Aeroclub, für Sportfliegerei in Deutschland zuständig, wollte die "Selbstmörder" nicht unter seinem Dach haben. Deshalb gibt es den Deutschen Ultraleichtflugverband (DULV), der auch für die Ausbildung der Piloten verantwortlich ist.

Das Wetter zeigt sich beim Besuch des Ultraleichtflugplatzes nicht von seiner besten Seite. Friedhelm Essers geht dennoch in die Luft: "Auch wenn die Temperaturen nicht die besten sind: Der Herbst hat auch aus der Luft seinen Reiz." Die Bäume zeigen sich, in dieser Vielfalt vom Boden kaum zu sehen, in bunten Farben.

Unter leichtem Dunst geht es über die Aldekerker Platte, eine kleine Runde nur, die die Faszination aber mehr als deutlich macht. Wer möchte, den fliegt Essers in einer größeren Runde über den Rhein. Er liebt den Langstreckenflug: "Bis zur kroatischen Adria hinunter, das war ein Erlebnis", berichtet er. Auch an der Nordsee war er mehrmals. Von Aldekerk ist man in eineinhalb Stunden oberhalb der Nordseeinseln.

Essers sei durch einen "genetischen Fehler" zum Fliegen gekommen: "Erst waren es Modellflugzeuge, später bin ich dann auf Ultraleichtflieger gestoßen." Für ihn ist auch der Kostenfaktor von Vorteil: Der Spritverbrauch seines Eurofox gleicht einem Kleinwagen. Dieser ist aber nicht so schnell an der Nordsee.

(RP)
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