Sportpolitik "Die Hilfe für Flüchtlinge hat Vorrang"

Geldern · Vorerst bis Ende Februar sollen 150 Menschen in der Gelderner Turnhalle an der Landwehr überwintern. Das stellt besonders den Volleyball-Club Eintracht vor Probleme. Lutz Stermann, Chef des Kreissportbundes, zeigt Verständnis.

Sportpolitik: "Die Hilfe für Flüchtlinge hat Vorrang"
Foto: Markus van Offern

Hartmut Harmsen sah sich am vergangenen Donnerstag mit einem unfreiwilligen Umzug konfrontiert. Als er die Nachricht erhalten hatte, dass die Turnhalle an der Landwehr ab sofort 150 Flüchtlingen als Unterkunft dient, machte sich der Vorsitzende des Volleyball-Clubs Eintracht Geldern sofort auf den Weg. "Ich habe unsere Trainingsbälle und Netze abgeholt. Die lagern jetzt bei mir im Hausflur", erzählt Harmsen. Ärger mit der Gattin gibt's deshalb nicht - Marie Luise Harmsen packte als VCE-Jugendwartin fleißig mit an.

Dennoch stellt die Entscheidung des Kreises Kleve, die im Besitz der Dreifach-Turnhalle ist, die im nächsten Jahr an die Stadt Geldern verkauft werden soll, speziell den Volleyball-Verein vor große Probleme. Für die Eintracht sind vier Senioren- und sechs Nachwuchsmannschaften im Einsatz. Diese haben bislang die Halle an der Landwehr regelmäßig zum Training und als Spielstätte genutzt. Für Samstag, 14. November, war dort das Regionalliga-Spiel der Eintracht-Frauen gegen den BSV Ostbevern vorgesehen. Die Halle "Am Bollwerk", die ebenfalls für Meisterschaftsspiele genutzt werden kann, ist an jenem Tag bereits reserviert - der TV Geldern richtet dort die Deutsche Meisterschaft der Hobby-Volleyballer aus. "Wir müssen uns jetzt erkundigen, ob wir das Spiel in Weeze austragen können. Oder ob Ostbevern bereit ist, das Heimrecht zu tauschen", sagt Harmsen.

Dringlicher ist noch die Trainingsfrage. Der Vorsitzende und Eintracht-Sportwart Markus Heißing werden sich in dieser Woche mit Annegret Engh vom Gelderner Schul- und Sportamt zusammensetzen, um eine Lösung zu finden. Denkbar ist eine Nutzung der Halle der Liebfrauen-Schule.

Betroffen ist beispielsweise auch der TTC Geldern-Veert, dessen Tischtennis-Hobbyspieler jetzt ausweichen müssen. "Das sind rund 70 Mann, die sich ab sofort auch in der Halle der Anne-Frank-Schule treffen. Dort wird's dann zwar richtig voll. Doch das schaffen wir schon, weil im Verein ein großer Zusammenhalt herrscht", sagt Vorsitzender Eugen Brück. Der ehemalige Vorsitzende des Stadtsportverbandes Geldern hat auch für andere Vereine wertvolle Tipps auf Lager - beispielsweise für Kwoon Kerken-Geldern, das sich auch nach neuen Trainingsräumen umschauen muss. Brück: "Die Kampfsportler könnten beispielsweise den großen Saal in den Lindenstuben nutzen. Die Sportförderrichtlinien der Stadt sehen in einem solchen Fall eine Erstattung der Gebühren vor."

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Foto: dpa, mjh

Lutz Stermann, Vorsitzender des Kreissportbundes (KSB) Kleve, zeigt viel Verständnis für die Entscheidung des Kreises. "Die Hilfe für Flüchtlinge hat Vorrang. Im Rahmen einer Willkommenskultur müssen auch wir Sportler so etwas mittragen. Wobei ein gewisser Zeitrahmen nicht überschritten werden sollte, da die Halle an der Landwehr schließlich auch für den Schulsport genutzt wird", erklärt Stermann.

Das Projekt der neuen KSB-Geschäftsstelle mit Multifunktionsräumen, die an der Landwehr gebaut werden soll, sobald die Stadt Geldern die Dreifach-Turnhalle erworben hat, sieht der Vorsitzende nicht gefährdet. "Jetzt ist zunächst einmal wichtig, dass die Menschen dort gut untergebracht sind. Die Nutzung als Flüchtlings-Unterkunft ist bis Ende Februar vorgesehen. Und es wäre auch nicht dramatisch, wenn das Ganze noch ein paar Wochen länger dauert", meint Stermann. Der Spatenstich für die neue Geschäftsstelle wird möglicherweise am 16. August 2016 erfolgen - an diesem Tag soll die Halle an der Landwehr offiziell der Stadt Geldern übergeben werden.

Volleyball der Extraklasse wird dort allerdings voraussichtlich vorerst nicht mehr geboten. Die Saison in der Frauen-Regionalliga endet bereits am 19. März - gut möglich, dass bis dahin noch Menschen aus aller Welt an der Landwehr wenigstens ein Dach über dem Kopf haben.

(RP)
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