Zielscheibe Wenn Fußballer mit der Statistik kämpfen

Geldern · Wenn einem die Seuche am Stiefel klebt, greift man als Trainer zu unorthodoxen Mitteln. Fünf Niederlagen in Serie sind schließlich mehr als nur ein Betriebsunfall und der Erklärungs-Notstand des Mannes an der Seitenlinie wächst. Unsere Lösung für das Problem heißt "Gini".

Die Freude im Team über eine attraktive Physiotherapeutin dieses Namens muss ich allerdings gleich zerstreuen. Die Treffsicherheit soll nicht dank Frauen-Quote erhöht werden. Denn "Gini" ist weder fesches Mädel noch sonst wie bezaubernd. "Gini" ist nicht mal ein Mensch, Gini ist ein Koeffizient. Auch ich habe Gini erst kürzlich kennen gelernt. Der sogenannte Gini-Koeffizient beschreibt die Unterschiede wirtschaftlicher Potenz der Mitglieder einer Gesellschaft, damit also unterschiedliche Besitzverhältnisse. Tendiert Gini gegen 0, sind alle gleich, nähert sich Gini 1 an, haben einige alles und andere nichts. Laut aktueller Gini-Statistik ist Deutschland bei den Einkommen mit Gini 0,29 zwar gut aufgestellt, beim Vermögen mit Gini 0,78 aber eher ein Land der Alles- und Nichtshaber.

Genau das ist ja unser aktuelles Mannschafts-Problem: Die anderen haben alles (Punkte und Tore) - und wir haben nichts! Doch Gini macht uns wieder Hoffnung. Senken wir den fußballerischen Gini-Faktor, klappt's auch mit dem Ergebnis. Mannschaftsintern schlagen wir jetzt zurück. Denn es kann schließlich nicht angehen, dass einer mit Gini-1-Faktor und der Gegner mit Gini-0-Faktor an einem Sonntagmorgen aufläuft. Was dabei herauskommt, lehrt uns die jüngste Vergangenheit: Nichts! Jedenfalls nichts Zählbares.

Unsere aktuelle Maßnahme der Spielvorbereitung ist deshalb revolutionär. Vor dem kommenden Heimspiel laden wir unsere Gäste zum gemeinsamen Frühschoppen und bringen uns aufs gleiche Level. Und da tankt - pardon tanzt - bitte schön keiner aus der Reihe. Und wenn sich dann kurz vor Spielbeginn der mannschaftsinterne Gini-Faktor auf gleichmachende 0,00001 eingependelt hat, sind wir dem Ziel eine schönes Stück näher - und haben eine alte Fußball-Weisheit mit neuem Leben erfüllt. "Die 0 muss stehen".

MICHAEL MEENEN

(mime)
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