Offener Brief an Bank-Vorstand Heronger sind frustriert über Sparkassen-Schließung

Straelen · Viele Heronger sind entsetzt, dass ihre Geschäftsstelle der Sparkasse schließen soll. Ortsvorsteherin Annemarie Fleuth hat einen offenen Brief an den Vorstand der Sparkasse Rhein-Maas geschrieben. Die Hoffnung: Wenigstens die SB-Automaten sollen bleiben.

 Die Sparkasse in Herongen schließt Anfang 2018. Das hat zu Kritik bei den Bürgern und zum Offenen Brief der Ortsvorsteherin geführt.

Die Sparkasse in Herongen schließt Anfang 2018. Das hat zu Kritik bei den Bürgern und zum Offenen Brief der Ortsvorsteherin geführt.

Foto: gerhard Seybert

"Die Menschen sind unter Schock und fassungslos." So fasst Gabriele Böhm die Stimmung von vielen der rund 2800 Heronger zusammen. Sie sind frustriert über die Ankündigung der Sparkasse Rhein-Maas, die Geschäftsstelle in der Ortschaft Anfang 2018 schließen zu wollen und sie mit dem Betreuungscenter Straelen zusammenzulegen. Viele Heronger wandten sich in ihrer Enttäuschung an Ortsvorsteherin Annemarie Fleuth.

Und die schrieb, nicht nur als Ortsvorsteherin, sondern auch als Vorsitzende der Geselligen Vereine, als Bürgerin und Kundin, einen Offenen Brief an den Vorstand der Sparkasse Rhein-Maas in Kleve, namentlich an Rudi van Zoggel. Darin bittet sie darum, zumindest die Selbstbedienungsautomaten im Heronger Geschäftsstellengebäude zu erhalten.

 Ortsvorsteherin Annemarie Fleuth ist enttäuscht.

Ortsvorsteherin Annemarie Fleuth ist enttäuscht.

Foto: G.S.

Die betriebswirtschaftlichen Gründe für diese Entscheidung seien vermutlich nicht in Frage zu stellen, so Annemarie Fleuth. Sie geht unter anderem auf die Argumente "unwirtschaftlicher Betrieb kleiner Standorte" und "Trend zur Digitalisierung" ein. Dabei bezweifelt sie allerdings die Behauptung der Sparkasse, das Motto "Persönliche Beratung, besserer Service - eben nur an weniger Standorten" entspreche den Kundenwünschen. Hier schere die Sparkasse alle Kunden über einen Kamm, entgegnet die Ortsvorsteherin.

"Gerade im ländlich geprägten Herongen gibt es eine Vielzahl von Kunden, die ihre Bankgeschäfte noch auf herkömmliche Weise erledigen, nämlich indem sie ,ihre' Bankfiliale persönlich mehrfach im Monat aufsuchen." Die Aussagen der Sparkasse zur Schließung nicht nur der Heronger Filiale bezeichnet Annemarie Fleuth als irritierend und als "deutlich vorbei am satzungsgemäßen Auftrag einer Regionalbank, die es sich auf die Fahne geschrieben hat, die Bedürfnisse des ländlichen Raumes sowie des klein- und mittelständischen Einzelhandels zu bedienen".

Die Ortsvorsteherin blickt zurück auf 1980. Damals sei die Heronger Filiale von der Kreissparkasse Geldern im Zuge der kommunalen Neugliederung an die Sparkasse der Stadt Straelen übergeben worden. Seit dieser Zeit, seit mehr als 37 Jahren, sei die Geschäftsstelle Herongen verlässlicher und wertvoller Partner für die Menschen, Betriebe und Vereine in dieser Region.

"Ihre Entscheidung, sich zum 31. 12. 2017 völlig aus Herongen zurückzuziehen, beendet abrupt eine seit Jahrzehnten qualitativ hervorragende Kundenbetreuung. Noch dazu tun Sie dies in einem relativ laxen, unsensiblen Umgang mit bisherigen, offensichtlich einmal wichtigen Werten Ihrer Bank - dass Sie im Zusammenhang mit Filialschließung auf allgemeine Trends hinweisen, macht Ihr Handeln weder plausibel noch nachvollziehbar." Verloren gehe eine Filiale, " die die Marke Ihrer Sparkasse im Alltag außerordentlich positiv sichtbar gemacht hat". Der persönliche Kontakt zum Kundenberater im etwa sieben Kilometer entfernten Straelen ersetze nicht den bisherigen unmittelbaren persönlichen Kontakt.

Als völlig verkehrtes Signal wertet die Ortsvorsteherin die Schließung der Heronger Filiale auch im Zusammenhang mit dem "Leader"-Projekt "Leistende Landschaft", in dem Straelen mit Geldern, Kevelaer und Nettetal kooperiert. Hier sei die Sparkasse Rhein-Maas als große und wichtige Regionalbank eingebunden. "Mit der Schließung der Heronger Geschäftsstelle der Sparkasse Rhein-Maas beenden Sie abrupt eine für alle Beteiligten erfolgreiche und gewinnbringende Zusammenarbeit. Sie erschweren damit auch die Bemühungen unzähliger Herongerinnen und Heronger um bessere dörfliche Strukturen mit dem Ziel, mehr Aufenthalts- und Lebensqualität zu schaffen."

Gabriele Böhm weist darauf hin, dass Sparkassen bei der Kontoführung teurer als andere Banken seien. "Wir haben das akzeptiert, weil wir im Gegenzug eine Sparkasse (mit wunderbaren engagierten Mitarbeitern!) vor Ort hatten, die für uns in vielen großen und kleinen Gelddingen da war." Mit dem Rückzug aus Herongen werde die Sparkasse nun beliebig, und das Alleinstellungsmerkmal lokaler Nähe fehle. "Ein Wechsel zu einer anderen Bank bietet sich an." Noch seltsamer ist aus ihrer Sicht die Schließung, "wenn man bedenkt, dass die Immobilie, in der die Filiale sich befindet, im Besitz der Sparkasse ist". Zumindest der Betrieb einer Selbstbedienungsfiliale wäre hier kostengünstig möglich gewesen.

Es Sparkassenkunden als "Plus" von Serviceleistungen zu verkaufen, dass einmal in der Woche (unter bestimmten Bedingungen) Bargeld gegen den Aufpreis von fünf Euro nach Hause geliefert werde, sei ein Witz. Für einen Aufpreis von einem Euro könne man (noch) beim Bankomat der Volksbank in Herongen Bargeld abheben - wenn man nicht gleich sein Konto dorthin verlege.

Gabriele Böhm macht Sorge, dass die neue Sparkasse Rhein-Maas kurz nach der Fusion so radikal den Rotstift ansetzen müsse. "Eine weitere Fusion mit der Sparkasse Wesel scheint anzustehen."

(RP)
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