Straelen Wie die Deutsche Einheit kam

Straelen · In Straelen wurde vor 27 Jahren von Bürgermeister Matthias Bocksteger ein Baum gepflanzt. Er erinnert sich.

 So sah die Berichterstattung zum ersten Tag der Deutschen Einheit 1990 im Gelderland aus. Rechts oben pflanzen Bocksteger und Weikamp den Baum.

So sah die Berichterstattung zum ersten Tag der Deutschen Einheit 1990 im Gelderland aus. Rechts oben pflanzen Bocksteger und Weikamp den Baum.

Foto: bimo

Wie war das damals? Friede, Freude, Eierkuchen oder gab es doch starke Bedenken beim ersten Tag der Deutschen Einheit vor 27 Jahren?

Matthias Bocksteger hat in seinen Unterlagen geblättert und die Rede gefunden, die er 1990 als Bürgermeister von Straelen gehalten hat. Es sei eine besondere Atmosphäre gewesen. Gemeinsam mit dem Stadtdirektor Wilhelm "Willi" Weikamp hat er damals vor dem Straelener Rathaus einen Baum gepflanzt. "Eine weißblühende Blütenkirsche" heißt es im Text der RP. Man wollte damals ein Zeichen setzen. Auch für die nächsten Generationen, die den Mauerfall, das Ende der Trennung, nicht mitbekommen haben, und vielleicht nicht verstehen können, was daran so feierwürdig ist.

Bocksteger weiß das. Er war in Berlin gewesen, als es noch eine geteilte Stadt war. Wer auf die andere Seite der Stadt wollte, wurde kontrolliert. Zwei getrennte Welten. Dann kam das Jahrhundert-Ereignis. "Der Mauerfall, das war beeindruckend. Zumal man Berlin kannte. Da war der Blick verstellt, wenn man an der Mauer war", sagt Bocksteger. "Die meisten Leute haben doch gedacht: ,Das werden wir nie erleben, dass die Mauer mal wegkommt."

Und dann war plötzlich alles anders. Die Mauer war weg. Es gab einen neuen Feiertag im Kalender. "Und ich meine, das ist nicht nur ein Tag der Freude, sondern sollte auch ein Tag des Dankes sein; des Dankes an jene Frauen und Männer in Ostdeutschland, die unter persönlichen Risiken den Schritt gewagt haben, die Freiheit zu reklamieren."

Bocksteger wirft in seiner Rede einen Blick zurück. "70 Jahre Sozialismus stalinistischer Prägung in der Sowjetunion und ähnliche Formen seit mehr als 40 Jahren in den Staaten des Ostblocks haben es nicht verhindern können, dass den Menschen ihr Sehnen und ihr Wollen nach persönlicher Freiheit, nach Recht und Rechtsstaatlichkeit nicht erstorben sind." Er sei keineswegs blauäugig gewesen, sagt Bocksteger, der in seiner damaligen Rede auch in die Zukunft blickt.

"Ich meine, wenn wir uns heute über Wohlstand, über Menschenwürde, über Recht und Freiheit freuen, wenn wir das für uns in Anspruch nehmen und für die Zukunft weiter erhoffen, dann darf dies kein Vorrecht für uns sein, sondern dann müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass diese Rechte vielen anderen verweigert werden und wir aufgefordert sind, unsere Beiträge zu leisten, dass diese Ideale überall verwirklich werden." Bockstegers Rede endet mit einer Aufforderung, die nach 27 Jahren ihre Gültigkeit behalten hat. "Wir haben das Leben, die Umwelt zu schützen, vom Keim bis zum natürlichen Ende."

Demokratie und Freiheit sind für Bocksteger ein hohes Gut. Die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ist keine Selbstverständlichkeit. "Man muss aufmerksam sein", gibt er noch mit auf den Weg und meint, dass die Demokratie und Freiheit um jeden Preis schützenswerte Güter sind.

Wenn er seine Rede so betrachtet, findet der ehemalige Bürgermeister die immer noch sehr aktuell.

(RP)
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