Neunjährige Tierfreundin Wie Sofia aus Rheurdt eine Kuh vor dem Schlachter rettete

Geldern · Auf einem Bauernhof freundet sich die neunjährige Sofia mit einer Kuh an. Als das Mädchen erfährt, dass das Tier geschlachtet werden soll, setzt es alles daran, dies zu verhindern. Dann bekommt Sofia ein ungewöhnliches Geschenk: Die Kuh darf leben.

 Die neunjährige Sofia streichelt ihre Kuh Cocco.

Die neunjährige Sofia streichelt ihre Kuh Cocco.

Foto: Gerhard Seybert

Die Geschichte von Sofia und Cocco ist die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft - obwohl die Freundinnen ungleicher nicht sein könnten. Sofia ist neun und stammt aus Rheurdt am Niederrhein. Cocco wird bald zwei, wiegt rund 600 Kilogramm und ist eine Kuh. Zusammengebracht hat die beiden der Zufall, vor allem aber Sofias Beharrlichkeit. Denn die Neunjährige hat alles gegeben, Cocco vor dem Schlachter zu retten - und sich am Ende durchgesetzt.

Begonnen hat die Geschichte des ungleichen Paars im Sommer. Damals machte Sofia einen Ponykurs auf dem "Reubaho-Hof" in Geldern, einem naturpädagogischen Bauernhof. Kindern wird dort die Landwirtschaft näher gebracht. "Sie lernen bei uns, wo die Nahrungsmittel herkommen", sagt Betreiber Georg Reummen.

So erfahren Kinder beispielsweise, dass die dort lebenden Kühe gemästet und geschlachtet werden, sobald sie das entsprechende Gewicht erreicht haben. "Wir wollen vermitteln, dass Fleisch nicht abgepackt aus dem Supermarkt kommt", sagt der Landwirt.

Sofia half neben den Reitstunden, die Tiere auf dem Hof zu versorgen und hielt sich dabei häufig an der Rinderbox auf, erinnert sich Reummen. Dabei kam es wohl zur ersten Begegnung zwischen dem Mädchen und dem Rind mit der ins Ohr getackerten Nummer 37690. Einen Namen hatte Cocco da noch nicht, was die kleine Sofia jedoch nicht weiter störte. "Sie war so lieb", erinnert sich die Neunjährige, "wie sie mich mit ihren riesigen Glubschaugen angesehen hat."

Als Sofia hörte, dass ihre Lieblingskuh geschlachtet werden sollte, war für sie klar, dass sie dies verhindern muss. Sie kämpfte mit den Mitteln, die ihr als Kind zur Verfügung standen. "Sie wollte auf alle Geburtstagsgeschenke und ihr gesamtes Taschengeld verzichten, wenn die Kuh weiter leben darf", sagt ihre Mutter.

Die Eltern waren zuerst skeptisch - eine Kuh zu besitzen bedeutet Verantwortung, und sie lässt sich nicht einfach im Garten halten. Also sollte eine Unterkunft für das Tier her. Sofias Mutter telefonierte mit Tierschutzvereinen, Gnadenhöfen und Tierheimen. Doch ohne Ergebnis.

Trotzdem wollten die Eltern ihrer Tochter den Wunsch nicht abschlagen - weil sie es wirklich ernst meinte. Also kauften sie Reummen das Rind ab, der Schlachttermin wurde abgesagt. "Ich habe in meinem Zimmer Freudensprünge gemacht", erzählt die Neunjährige. Aus der Kuh mit der Nummer im Ohr wurde ihre Cocco. "Meine Freunde haben erst einmal gestaunt", sagt Sofia. "Manche haben mir gar nicht geglaubt, dass ich jetzt eine Kuh habe."

Mindestens einmal in der Woche geht Sofia Cocco besuchen. Die braun-weiß gefleckte Kuh kennt den Ruf der Neunjährigen: Sie streckt den Kopf aus ihrer Box, schnuppert an Sofias Arm und leckt über ihre Jacke, wenn sie da ist. Es scheint fast so, als wolle sie sich bei ihrer Retterin bedanken.

Noch steht die Kuh bei den anderen Mastrindern auf dem "Reubaho-Hof". Die Kosten für die Verpflegung übernehmen Sofias Eltern. Eine andere Unterkunft muss aber dringend her.

Hilfe bei der Suche angeboten hat Ralf Seeger, ehemaliger Kampfsportler und Rocker, der sich zum Tierschützer gewandelt hat. Oft wird er bei seinen Einsätzen von der Kamera begleitet. Erst kürzlich lief auf Vox seine Serie "Harte Hunde, Ralf Seeger greift ein". 2011 hat Seeger den Tierschutzverein "Helden für Tiere" gegründet. "Wir suchen nach einem robusten Stall, mit einer Wiese, so dass die Kuh auch einmal raus kann", sagt Seeger und fügt hinzu: "Damit sie artgerecht gehalten wird, sollten dort auch Artgenossen sein."

Landwirt Reummen könnte sich vorstellen, einen separaten Stall mit Weidegang auf dem "Reubaho-Hof" zu bauen. Dafür müsste dort jedoch mehr als ein gerettetes Rind unterkommen. So sucht die Familie weiter: Da Sofia ihre Freundin besuchen möchte, wäre eine Unterkunft im Kreis Kleve gut. Zunächst aber wird gefeiert: der zweite Geburtstag der Kuh. Dank Sofia wird es sicher nicht Coccos letzter sein.

(ubg)
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