Geldern Zwei Jahre Mindestlohn - es gibt 8,5 Prozent mehr Jobs im Kreis

Geldern · Ein "Cent-Lohn-Plus" quer durch alle Jobs und Branchen, das einer Vollzeitkraft unterm Strich aber weit über 50 Euro pro Monat bringt: Wer im Kreis Kleve vom Chef nur den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, verdient mehr Geld - und zwar 34 Cent pro Stunde. "Genau zwei Jahre gibt es den gesetzlichen Mindestlohn. Und jetzt ist er zum ersten Mal geklettert - auf 8,84 Euro", sagt Hans-Jürgen Hufer von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Im nordrhein-westfälischen Gastgewerbe gilt dabei bereits heute einen Mindest-Stundenlohn von neun Euro.

 Der "8,84-Euro-Zehner" - als neuer "Mindestlohn-Schein".

Der "8,84-Euro-Zehner" - als neuer "Mindestlohn-Schein".

Foto: NGG

Die NGG Nordrhein ruft alle Mindestlohn-Beschäftigten im Kreis Kleve auf, einen "Januar-Lohn-Check" zu machen. "Sobald die Lohnabrechnung vorliegt, sollte jeder seinen Stundenlohn bis auf den letzten Cent nachrechnen", so Hufer. Er warnt vor Lohn-Tricksereien: "Es ist eine beliebte Chef-Masche, die Menschen länger arbeiten zu lassen, die Überstunden dabei aber nicht zu bezahlen. Das ist illegal."

Vom "Schreckgespenst Mindestlohn" spricht keiner mehr, so die NGG Nordrhein. "Auch Arbeitgeber, die vor dem gesetzlichen Mindestlohn als 'Job-Killer' und 'Konjunktur-Bremse' gewarnt haben, sind in der Realität angekommen . Der absolute 'Pflichtlohn für den Chef' ist auch von den Arbeitgebern akzeptiert. Mehr noch: Er hat sich bewährt und dazu beigetragen, die ruinöse Dumpinglohnspirale nach unten zu stoppen", sagt Hufer.

Als Zwei-Jahres-Bilanz zum Mindestlohn hat die NGG eine Beschäftigungsanalyse vorgelegt. Dazu hat das Pestel-Institut in Hannover Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag der Gewerkschaft untersucht. Im Fokus steht auch die Job-Entwicklung im Kreis Kleve. Ein Ergebnis: Seit der Einführung sind im Kreis mehr reguläre Arbeitsplätze entstanden. Mitte 2016 waren im Kreis Kleve rund 96.000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt - 8,5 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor, als es den gesetzlichen Mindestlohn noch nicht gab.

Gerade Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten im Kreis Kleve haben mehr Personal eingestellt: Hier arbeiteten vor einem halben Jahr rund 2570 Menschen mit einem sozialversicherungspflichtigen Job. Im Vergleich zu 2014 macht das ein Plus von gut 22 Prozent.

Die NGG Nordrhein hatte sich für den gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht. Der Gewerkschaft ging es dabei insbesondere auch um die Situation der Frauen. "Denn viele von ihnen wurden mit Niedrigstlöhnen abgespeist", sagt Hufer. So seien im Kreis derzeit rund 100 Frauen weniger arbeitslos gemeldet als bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns vor zwei Jahren.

Doch für Hufer ist beim Mindestlohn "deutlich Luft nach oben". Der NGG-Geschäftsführer spricht sich für eine rasche Anhebung des untersten Lohnsockels aus: "Wir müssen Richtung zehn Euro pro Stund und dann weiter. Denn alles unter einem Stundenlohn von 11,50 Euro ist Niedriglohnbereich. Und der bedeutet Altersarmut."

(RP)
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