Goch Amerika-Besuch bei Stolpersteinverlegung

Goch · Bei der jüngsten Stolpersteinverlegung in Goch wurde in der Weezerstraße, Voßstraße, Mühlenstraße und Parkstraße der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Zu Gast war Eva Weiner, die 1938 von Goch in die USA emigrierte.

 Eva Weiner, geborene Willner (Bildmitte), konnte Ende der 30er Jahre im Alter von zwei Jahren aus Goch fliehen. Zur Verlegung der Stolpersteine, die jetzt an ihre Familie erinnern, kehrte sie zurück an den Niederrhein und berichtete von ihren Erlebnissen.

Eva Weiner, geborene Willner (Bildmitte), konnte Ende der 30er Jahre im Alter von zwei Jahren aus Goch fliehen. Zur Verlegung der Stolpersteine, die jetzt an ihre Familie erinnern, kehrte sie zurück an den Niederrhein und berichtete von ihren Erlebnissen.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Inzwischen sind es insgesamt 63 Stolpersteine, die in Goch an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Der Künstler Gunter Demnig war bereits an über 500 Orten in Deutschland und im europäischen Ausland aktiv und ließ die steinernen Erinnerungen ins Pflaster ein. 43 solcher Stolpersteine verlegte er in den vergangenen beiden Jahren in Goch.

Bei der jüngsten Stolpersteinverlegung gedachten die Verantwortlichen jetzt unter anderem der Familie Willner, die früher in der Voßstraße 24 gelebt hatte, und freuten sich, dass Eva Weiner, geborene Willner, eigens zu diesem Anlass aus Amerika angereist war.

Weiner ist eine der drei noch lebenden ehemaligen jüdischen Einwohner Gochs und kam in Begleitung ihrer Töchter Lisa und Susan sowie dem Sohn ihrer verstorbenen Schwester, Daniel Cohen. Eva Weiners Großmutter Friederike Oppenheimer führte vor dem Zweiten Weltkrieg gemeinsamen mit ihrer Schwester ein erfolgreiches Stoff- und Kurzwarengeschäft in dem heutigen Geschäft Müller in Goch. Ende 1936 musste die Familie ihr Geschäft, in dem auch Evas Eltern arbeiteten, schließen. Aufgrund der zunehmenden Unterdrückung durch die Nationalsozialisten war das Familienunternehmen nicht mehr gewinnbringend. Evas Vater, Ludwig Willner, emigrierte 1937 nach Queens, New York, wo er von seinem Schwager Fritz Oppenheimer aufgenommen wurde. Ein Jahr später verließ auch Eva Willner im Alter von zwei Jahren zusammen mit ihrer Schwester Leah und ihrer Mutter Else ihre Heimat. Sie emigrierten zu ihrem Vater in die USA.

Der Neuanfang war nicht leicht für die Familie. Ludwig Willner arbeitete als ungelernte Arbeitskraft mit niedriger Bezahlung in der Textilindustrie, seine Frau Else trug durch Heimarbeit zum Einkommen bei. Sie kümmerte sich unter anderem um den Kohleofen des Miethauses, in dem die Familie wohnte. Die schwere körperliche Arbeit schadete ihrer Gesundheit.

Das Leben erleichterte sich, als die Familie Reparationen, eine Entschädigung für die Verfolgung in Deutschland, erhielt. Außerdem konnte sich Evas Vater nach einiger Zeit selbstständig machen. Er und seine Töchter Leah und Eva beherrschten die englische Sprache schnell. Den beiden Schwestern war es wichtig, in der Öffentlichkeit Englisch statt Deutsch zu reden. Da die Vereinigten Staaten zu der Zeit gegen die Deutschen kämpften, wurden deutsch sprechende Personen schnell für Spione gehalten. So war die Familie, nachdem sie aus ihrer Heimat vertrieben wurde, auch in den USA nicht vor allen Anfeindungen geschützt. Else Willner berichtete ihren beiden Töchtern viel über ihre Jugend und das Leben der anderen jüdischen Familien in Goch. Insgesamt emigrierten 48 Gocher, die meisten in die Niederlande. Leah und Eva besuchten ihre Heimatstadt Goch erstmals 1984.

(RP)
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