Goch-Kleve Charlotte (16) - Praktikantin im Hospiz

Goch-Kleve · Jugendliche beschäftigen sich im Normalfall nicht freiwillig mit dem Tod. Wenn allerdings das Gaesdoncker Sozialpraktikum ansteht, überwindet sich der eine oder andere. "Ich wollte mich dem Thema stellen", sagt Charlotte.

 Cornelius Happel, Spiritual der Gaesdonck, und Maria Reinders, die Leiterin des ambulanten Hospizes am St.-Antonius-Hospital, haben Schülerin Charlotte Reintjes (Mitte) bei ihrem anspruchsvollen Praktikum begleitet.

Cornelius Happel, Spiritual der Gaesdonck, und Maria Reinders, die Leiterin des ambulanten Hospizes am St.-Antonius-Hospital, haben Schülerin Charlotte Reintjes (Mitte) bei ihrem anspruchsvollen Praktikum begleitet.

Foto: Gottfried Evers

Nicht bei einer schicken Agentur, in einem edlen Autohaus oder einer vermeintlich gemütlichen Amtsstube machen Gaesdoncker Schüler ihr Praktikum, sondern dort, wo sie ganz dicht an Menschen in manchmal schwierigen Lebenssituationen herankommen. Denn die meist eher behütet aufwachsenden Schüler sollen einen Einblick dafür bekommen, womit andere Menschen sich auseinandersetzen müssen. Nach dem Gaesdoncker Motto "christlich leben und sozial handeln" verteilen sich die Zehntklässler des bischöflichen Gymnasiums in jedem Jahr für drei Wochen auf Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten und Schulen. Oder fassen sich sogar ein Herz und entscheiden sich wie Charlotte Reintjes für die Mitarbeit in einem Hospiz.

Einem ambulanten Hospiz genauer gesagt, das an das Klever St.-Antonius-Hospital angeschlossen ist. Geleitet wird es von Maria Reinders, die sich gemeinsam mit dem Gaesdoncker Geistlichen Spiritual Cornelius Happel und der Schülerin mit der Rheinischen Post über das besondere Praktikum unterhielt. Wobei: Auskunft geben kann die junge Frau, die sich ganz freiwillig für das Hospiz als außerschulischen Lernort entschieden hat, bestens selbst. Neugierig sei sie gewesen, erklärt sie ihre Hauptantriebskraft. Und: "Ich wollte mich einem Thema stellen, vor dem man sich ja eigentlich lieber drückt."

In der Tat: Wer nicht gerade in der engeren Verwandtschaft oder im nahen Freundeskreis mit einem Schwerstkranken zu tun hat, geht dem Umgang mit Sterbenden meist lieber aus dem Weg. "Das war bei mir bisher auch nicht anders, und zum Glück ist aus meiner näheren Umgebung noch niemand gestorben", sagt die 16-Jährige. Als die Praktikumsplätze benannt worden seien, habe das in gewisser Weise auch ihren Ehrgeiz gepackt, denn nur wenige Schüler konnten sich vorstellen, Sterbende zu begleiten. "Das erste mal, als ich eine Betreuerin begleitete, war ich dann aber doch ziemlich geschockt. So einen alten Menschen hatte ich überhaupt noch nie gesehen." Charlotte wollte nicht stören, sich nicht aufspielen, blieb im Hintergrund. "Das war so in Ordnung, glaube ich. Ich habe mich durch Gestik und Mimik mitgeteilt und einen Einblick bekommen. Wichtig waren auch die Gespräche mit den Angehörigen."

Das betont auch Fachfrau Maria Reinders, die von mehr als 50 Betreuerinnen unterstützt wird. Pro Jahr begleitet das ambulante Hospiz 90 bis 110 Sterbende in ihren Wohnungen, im Krankenhaus oder Seniorenheim. Die Unterstützung und der Trost der Verwandten spielen eine wichtige Rolle. Maria Reinders, die seit Jahren Gaesdoncker Praktikanten annimmt, ist beeindruckt von der 16-Jährigen, die schon so gut reflektiere, was sie erlebe, und einen wachen Blick auf die Familienkonstellationen und deren Bedürfnisse gezeigt habe.

Spiritual Happel hört es mit Freude, dass seine Schutzbefohlenen einen guten Eindruck machen und nicht nur eigene Interessen in den Blick nehmen. Im Alltag sei für Lebensfragen oft wenig Platz. Da seien neben dem Religionsunterricht, neben Schulgottesdiensten, Tagen religiöser Orientierung und dem Feiern katholischer Feste die Praktika willkommene Anlässe, christliche Positionen zu überprüfen. Und vergessen werden Charlotte und ihre Mitschüler ihr Praktikum sicher nie.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort