ARD-Film und Theaterstück Das ist das Lagezentrum aus "Terror" in Uedem

Uedem · Die Handlung in Ferdinand von Schirachs Stück "Terror" ist reine Fiktion. Das darin erwähnte Nationale Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum in Uedem gibt es aber tatsächlich. Im Kampf gegen den Terror spielt es eine zentrale Rolle.

 Ein Mitarbeiter des Nationalen Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum in Uedem (Archivfoto).

Ein Mitarbeiter des Nationalen Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum in Uedem (Archivfoto).

Foto: Friedel Evers

Selbst auf den Bildschirmen im Lagezentrum ist das Gewusel weißer Kreise über den Umrissen Deutschlands eindrucksvoll: 1600 bis 1800 Maschinen von der kleinen Cessna bis zum Jumbo-Jet fliegen dort gleichzeitig; mehr als 10.000 Flugbewegungen sind es pro Tag. "Es handelt sich um den am dichtesten beflogenen Luftraum auf der Welt", erläutert Generalmajor Bernhard Schulte Berge.

 Eine Szene aus dem ARD-Film "Terror".

Eine Szene aus dem ARD-Film "Terror".

Foto: dpa, kde

Ein rotes Dreieck ist nicht zu sehen — es wäre jener gefürchtete Alarmfall "Renegade" (Abtrünniger): Terroristen haben sich eines Flugzeugs bemächtigt. Der Schuldfrage, um die sich von Schirachs Stück dreht, ist zum Glück bis heute Fiktion: Der Kampfpilot Lars Koch, der sich entschied, einen von Terroristen entführten "Lufthansa"-Jet abzuschießen, um einen gezielten Absturz auf ein mit 70.000 Menschen gefülltes Stadion zu verhindern, ist nur vor Theaterbesuchern und nun auch TV-Zuschauern des 164-fachen Mordes angeklagt — weil er ein schreckliches Verbrechen beging, um ein noch vielfach entsetzlicheres zu verhindern.

In dem abgedunkelten Raum zeigen der General und seine Soldaten mithilfe einer Computersimulation, wie die Reaktionen in einem solchen Fall tatsächlich abliefen: Die Nato-Luftverteidigung entdeckt ein kleines Verkehrsflugzeug, das von seinem Weg von England nach Stockholm in Richtung der Ballungszentren Hamburg und Bremen abweicht, auffällig an Höhe verliert und nicht mehr auf Funk reagiert. Auf dem Bildschirm scheint dieses verdächtige Flugzeug über die Karte Norddeutschlands zu kriechen, doch in Wirklichkeit ginge es um Minuten, am Ende sogar um Sekunden.

Eine gesetzliche Lücke

Die Leitstelle in Uedem informiert sofort den Inspekteur der Luftwaffe, der die Verteidigungsministerin, die das Kabinett — "ein eingespieltes Verfahren", betonen die Soldaten. Verschlüsselt erhält die politische Führung innerhalb weniger Minuten aus Uedem ein komplettes Lagebild als Entscheidungsgrundlage, zugleich werden Jäger gestartet. Zwei "Eurofighter" versuchen, Sichtkontakt zu den Piloten aufzunehmen und sollen die Maschine gegebenenfalls abdrängen oder zur Landung zwingen.

Doch wenn das scheitert? "Terror" beschreibt eine juristische Lücke: Deutsche Gesetze verbieten einen Abschuss. Würde die Bundeskanzlerin oder ihr Vertreter ihn im Rahmen des Staatsnotstands trotzdem anordnen? Oder wäre der Kampfflieger in seinem Cockpit am Ende so allein wie Lars Koch? "Es ist als Bürger beruhigend zu sehen, dass da eine geübte Maschinerie abläuft", meinte Klaus Steppat im Oktober 2015. "Ich habe hier Menschen mit hoher Verantwortung getroffen, die sehr klug und überlegt handeln." Es sei Wahnsinn, in welch extrem kurzer Zeit eine solche schwerwiegende Entscheidung zu treffen wäre, ergänzte Ulrich Beck.

220-mal im Jahr sind Flugzeuge ohne Funkkontakt über Deutschland unterwegs, was schlimmstenfalls eine Entführung bedeuten könnte. Die scheinbar hohe Zahl ist für die Zentrale eher ein Grund zur Freude. Denn seit ihrer Gründung sind diese Problemfälle um mehr als die Hälfte zurückgegangen.

(mic)
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