Goch Die etwas andere Wohngemeinschaft

Goch · Nach 18 Monaten Planung und Vorbereitung werden in Kürze die ersten beiden Bewohnerinnen in eine ganz besondere Wohngemeinschaft einziehen. Menschen mit Behinderung leben in Goch in der ersten privaten WG dieser Art.

 Das Umzugsteam (von links): Jaqueline Creon, Nina Spitz, Jenny Bohne, Eva Stiel und Anke Metzelaers.

Das Umzugsteam (von links): Jaqueline Creon, Nina Spitz, Jenny Bohne, Eva Stiel und Anke Metzelaers.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Die erste eigene Wohnung ist für jeden jungen Menschen etwas ganz Besonderes. Auch Nina und Eva freuen sich schon sehr, bald zusammen in ihre erste eigene Wohnung zu ziehen. Sie haben renoviert, Möbel gekauft und Kartons gepackt. So weit, so gewöhnlich. Was nicht gewöhnlich ist: Nina und Eva haben das Down-Syndrom und ziehen in die erste private WG für Menschen mit Behinderung in Goch.

Möglich gemacht hat dies das Engagement von Nina's Familie. Mutter Michaela Spitz und ihrem Lebensgefährten Willi Weber war es wichtig, dass ihre Tochter nicht in eine Wohneinrichtung zieht, sondern in Zukunft ein richtiges eigenes Zuhause bekommt. "Wir wünschten uns für Nina einen Ort, an dem sie so selbstbestimmt und eigenständig leben kann, wie irgend möglich", sagt Michaela Spitz. Einen Ort, an dem die erwachsene Tochter die größtmögliche Freiheit hat, eigene Entscheidungen zu treffen und ihr Leben selber zu gestalten. Eine Unterbringung in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung kam deshalb weder für Nina noch ihre Eltern in Frage.

Nahe am Stadtzentrum und trotzdem ruhig gelegen ist das Haus, in das Nina und Eva bald einziehen werden. Dabei werden die beiden jungen Frauen bei aller Eigenständigkeit stets von einer Betreuungsperson mit pädagogischer Ausbildung begleitet. Sie soll ihnen auch bei all den Dingen helfen, die auf jeden zukommen, der von Zuhause auszieht. Einen Haushalt zu führen, einzukaufen und den Alltag zu planen sind da nur ein Teil der Aufgaben, die die jungen Frauen bald möglichst eigenständig erledigen sollen.

Nachdem die ersten Pläne gemacht waren, fanden sich Eva und Nina schnell zusammen und waren sich auch rasch einig, dass sie zusammen ziehen wollten. Streit gab es nicht einmal bei der Frage, wer in welches Zimmer einzieht. In die kleine Einliegerwohnung unter dem Dach wird bald eine junge Frau ohne Behinderung einziehen, die im Notfall nachts für Nina und Eva Ansprechpartnerin sein wird. Einziger Wermutstropfen: Zwei Zimmer in dem großen Haus stehen noch leer. "Es ist noch Platz für zwei weitere fitte Mitbewohner oder Mitbewohnerinnen mit Handicap", so Willi Weber. Es gab zwar schon Interessenten für die freien Zimmer, für alle Beteiligten gepasst hat es aber letztendlich nicht. "Viele Leute sind erst einmal skeptisch wenn sie hören, was wir hier vorhaben" erklärt Michaela Spitz. Für sie war das erst Recht ein Grund, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Besonders nachdem sie mit Björn Klomp von SeWo, einem Anbieter für soziale Dienstleistungen, einen Partner gefunden hatte, der bereits Erfahrung im Bereich WG für Menschen mit Behinderung hat. "Finanziert werden die Betreuungsleistungen und das Haus vom Landschaftsverband Rheinland, der ansonsten auch die Unterbringung in einer Wohnstätte finanzieren würde", erklärt Klomp. Statt das Geld dabei direkt an einen Träger zu überweisen, geht das sogenannte persönliche Budget zweckgebunden an die gesetzlichen Betreuer von Nina und Eva, die damit unter anderem die Betreuung für die beiden jungen Frauen einkaufen. Klomp: "Diese Art von WG's ist eine gute Alternative zur stationären Unterbringung."

Für Nina und ihre Familie steht fest, dass sie die richtige Entscheidung für Nina's Zukunft getroffen haben. Auch wenn Willi Weber bedauernd feststellt: "Ohne Nina wird es zu Hause sehr ruhig werden."

Wer sich die ungewöhnliche WG mitten in Goch gerne einmal genauer ansehen möchte, oder Interesse an einem der freien Zimmer hat, hat dazu Gelegenheit. Am Sonntag, 13. April, steht die Haustür in der Heinrichstraße 5 von 11 bis 17 Uhr offen. Mehr Informationen gibt es auch unter www.wg-mal-anders.de oder direkt bei Familie Spitz unter der Telefonnummer 02823/88950.

(nabr)
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