Goch Die Schönheit des Fußballs

Goch · Die Gocher Sportartikelfabrik Derbystar wird 50 Jahre alt und feiert die Rückkehr ihres Balles in die Fußball-Bundesligen.

Das Argument, wenn Fußball-Torhüter nach der Sonne greifen statt nach dem Ball und anschließend vor der Kamera entrüstet erklären "der flatterte doch total", zieht nicht immer. Zumindest dann nicht, wenn ein Ball der Firma Derbystar im Spiel war. Denn das Gocher Unternehmen ist seit 50 Jahren eine der ersten Adressen, wenn es um die Produktion von Fußbällen herausragender Qualität geht. Doch gibt es neben dem Jubiläum ein weiteres bedeutendes Ereignis zu feiern. Ab der Saison 2018/19 wird in der 1. und 2. Fußball-Bundesliga nur mit Derbystar-Bällen gespielt.

Es war der Gocher Josef Moll-Thissen, der die Firma gründete. Sie entstand aus einer kleinen Lederfabrik, die Artikel für den Pferdesport herstellte und irgendwann Bälle. 1968 wurde daraus Derbystar. Der Teil "Derby" stammt aus dem Pferdesport wie auch aus den Derbys im Fußball. Die Silbe "star" sollte die Qualität der Bälle unterstreichen.

Die Firma hat ihren Sitz immer noch in Goch. Wer hier heute im Besprechungszimmer steht, blickt auf eine bunte Regalwand, wo die Produkte des Hauses präsentiert werden. 84 Ausstellungsstücke sind nebeneinander aufgereiht und für nahezu alle bedeutenden Ballsportarten ist etwas Passendes dabei. Der überwiegende Teil der Exponate wird jedoch getreten. Im Laufe der Jahre wurde bei Derbystar die Produktpalette ausgeweitet. Von Trikots über Torwarthandschuhe bis hin zur Trinkflasche ist einiges mehr im Programm. Doch wird in erster Linie weiter ball-orientiert gearbeitet, denn mit der Produktion von Fußbällen ist das Unternehmen groß geworden.

Seit 33 Jahren arbeitet Joachim Böhmer (56) bei Derbystar und ist für Marketing und Produktion verantwortlich. Zusammen mit Vertriebschef Andreas Filipovic (45) bilden sie die Geschäftsleitung des Unternehmens, das mittlerweile zum dänischen Ball-Produzenten Select Sport gehört. Ihnen ist der Coup mit der Deutsche Fußball Liga (DFL) gelungen. Mindestens vier Spielzeiten, bis zur Saison 2021/22, werden die Profiligen mit Produkten aus dem Hause der Gocher spielen. Böhmer erklärt: "Unsere Bälle hatten schon immer einen hervorragenden Ruf. Wäre allein das Geld für die Entscheidung der DFL ausschlaggebend gewesen, hätten wir keine Chance gehabt." Dennoch, so Böhmer, habe man sich finanziell strecken müssen, um den Abschluss zu erzielen. Die Reaktionen in der Fachwelt konnten darauf kaum besser sein. Als die Nachricht über die Rückkehr des Balles in die Bundesliga bekannt wurde, melde sich Jupp Heynckes in Goch und gratulierte. Der Bayern-Trainer hatte mit Derbystar-Bällen während seiner aktiven Zeit in Mönchengladbach reichlich Tore erzielt und sich als Übungsleiter der Borussia vom Rand aus über die seiner Spieler gefreut. Auch Lothar Matthäus war vom Wechsel der Ballmarke begeistert. Böhmer hatte den Rekordnationalspieler getroffen.

Die Gocher sind wieder ganz oben angekommen. Acht Jahre rollten Adidas-Produkte über die Bundesliga-Felder. Bevor der Einheitsball 2010/11 eingeführt wurde, gab es immer mehrere Erst- und Zweitligisten, die mit Derbystar spielten. Bereits in den Anfangsjahren der Bundesliga vertraute der MSV Duisburg auf die Bälle aus Goch. Kurz danach folgte Borussia Mönchengladbach. Ein Höhepunkt war die Spielzeit 1979/80. Karl-Heinz Rummenigge wurde mit 26 Treffern Torschützenkönig, die er alle mit Derbystar erzielte, denn alle 18 Mannschaften spielten damit. Ein Unterschied: Damals mussten die Vereine die Kugeln noch bezahlen. Besondere Kunden erhielten, wenn der Außendienstmitarbeiter einen guten Tag erwischt hatte, ein paar Ballnetze gratis. In der neuen Saison müssen vertraglich 300 Bälle an jeden Verein geliefert werden - macht zusammen 10.800.

Joachim Böhmer kennt mindestens einen Grund, warum das Produkt gut ankommt: "Die Vereine mögen es, dass unser Ball aus einem dickeren und kompakten Material gefertigt ist und sich auch wie ein Ball anfühlt." Denn von Mitbewerbern würden einige Richtung Flummi tendieren. Auch die Reaktionen auf die Flugeigenschaft seien stets positiv gewesen, so Böhmer. Doch interessierte sich die DFL bei der Entscheidung auch noch für ganz andere Eigenschaften. "Die überprüfen, ob der Ball im Fernsehen gut zu erkennen ist oder bei den Übertragungen flimmert. Wichtig ist, dass nicht zu viele feine Linien auf dem Ball sind, da er sonst auf dem Bildschirm zu unruhig wirkt", erklärt der Marketing-Fachmann.

Mit der Rückkehr in die 1. Liga wird die 50-Jährige Geschichte der Firma um ein besonderes Kapitel reicher. Böhmer sagt: "Der Erfolg von Derbystar war immer mit der Philosophie des Firmengründers verbunden." Dessen Maxime lautete: Entscheidend ist die Qualität des Angebots. Demnach sind die Erzeugnisse der Gocher früher wie heute zweifellos von hoher Güte.

(jan)
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