Gefährliche Buckel-Pisten Hitze lässt Asphalt aufplatzen

Düsseldorf · In Goch ist durch die anhaltend hohen Temperaturen stellenweise die Fahrbahndecke geschmolzen. Auf Autobahnen platzt der Beton. Straßen werden für Auto- und Motorradfahrer zu gefährlichen Buckel-Pisten. Der ADAC warnt.

In dicken klebrigen Klumpen hat sich der Matsch unter dem Schuh eines Anwohners der Gertrudstraße in der Gocher Innenstadt festgesetzt. Doch nicht nur der Schuh des Mannes ist in Mitleidenschaft gezogen — auch im Profil seiner Autoreifen klebt die Masse.

Nicht irgendein Matsch, sondern der Asphalt der Straße hat sich unter dem Schuh und im Reifen festgesetzt. Denn in Goch ist unter den hohen Temperaturen stellenweise der Straßenbelag geschmolzen und musste ausgebessert werden.

"Schon an den besonders sonnigen und heißen Tagen des vergangenen Jahres hatten wir in einigen Bereichen Probleme", sagte Stadtsprecher Torsten Matenaers dazu. Damals traf es den Heiligenweg, der nur einige hundert Meter von der jetzt betroffenen Straße entfernt ist.

Üblicherweise schmelze Asphalt erst ab einer Hitze von 160 bis 180 Grad. Doch ältere Belage könnten schon bei Temperaturen zwischen 40 und 60 Grad weich werden. Sobald sich der Asphalt tagsüber auf Temperaturen um die 60 Grad aufheize, würde es kritisch, erläutert Rudi Bull-Wasser von der Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch Gladbach. Der ADAC rät, schon ab einer Temperatur von 30 Grad langsamer und vorausschauender zu fahren.

Warum Asphalt, der aus Gesteinskörnungen und Bitumen hergestellt wird, bei Hitze erweicht, erklärt Markus Oelser, Professor für Straßenwesen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. "Wenn Bitumen erwärmt wird, weicht er auf, so wird er ja auch verlegt. Nun kann es passieren, dass sich eine besonders weiche Bitumen-Mischung bei diesen Temperaturen auflöst."

Entscheidend ist das Mischungsverhältnis

Diese Problematik sei bekannt, bestätigte Andreas Roth, Sprecher von Straßen NRW. Schuld sei die Asphaltmischung, die aufgrund ihrer schlechten Haltbarkeit in dieser Form aber heute nicht mehr verwendet würde. "Entscheidend für die Standfestigkeit des Asphaltes ist das Mischungsverhältnis von Bitumen und Gestein", erläutert Bernd Hinrichs, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Asphaltverbandes (DAV).

Generell sei Asphalt heutzutage sehr beständig. "Dass es dennoch in Einzelfällen beispielsweise vor Ampeln, wo die Motoren stehender Lastwagen zusätzlich Hitze auf den Belag abstrahlen und durch Beschleunigungs- und Bremsverhalten große Kräfte einwirken, zu leichten Verformungen kommt, ist maßgeblich auf eine ungenügende Mischgut-Zusammensetzung zurückzuführen."

In Deutschland sei es schwierig, die richtige Mischung zu finden, ergänzt Markus Oelser. So würde in einem warmen Land wie Australien eine harte Bitumen-Mischung verwendet, in kalten Ländern wie Norwegen eine weiche. "In Deutschland müssen wir einen Spagat machen: Bei einer weichen Mischung schmilzt im Sommer der Asphalt, bei einer harten platzt er im Winter auf und Schlaglöcher entstehen", sagt Oelser.

Gefährliche "Blow-ups" auf Autobahnen

Auch auf vielen Autobahnen sorgt die Hitze derzeit für Ärger. Dort entstehen gefährliche Wellen im Beton — sogenannte "Blow-ups" — die bereits zu schweren Unfällen geführt haben. Betroffen von den Fahrbahn-Wellen sind nach Informationen des ADAC vor allem die Autobahnen A 3, A 7, A 92, A 93 und A 94 in Bayern, doch auch aus anderen Bundesländern werden durch Hitze hervorgerufene Fahrbahnaufwölbungen gemeldet. "Diese treten spontan auf, das kann wahnsinnig schnell gehen", warnt eine ADAC-Sprecherin.

Besonders ältere Betonstrecken seien gefährdet. "Die auf älteren Strecken verbauten Betonplatten dehnen sich bei Hitze aus. Wenn die Platten aneinanderstoßen, entstehen starke Druckspannungen, die sich vor allem an Schwachstellen nicht mehr gleichmäßig verteilen können. Dadurch können sich die Betonplatten regelrecht aufstellen", heißt es.

Innerhalb kürzester Zeit entstehen so Buckel, die zu gefährlichen Fallen werden können. Erst in der vergangenen Woche ist ein Motorradfahrer in Bayern auf eine dieser Wellen geprallt. Der 59-Jährige schleuderte gegen eine Leitplanke und starb.

Der ADAC fordert Kommunen und die für die Verkehrssicherung der Autobahnen zuständigen Behörden auf, "die Strecken deutlich häufiger als sonst zu kontrollieren und notwendige Maßnahmen wie Warnhinweise, befristete Tempolimits oder notfalls sogar Fahrbahnsperrungen einzuleiten".

(RP)
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