Goch Kreis-Grüne besuchen Gochs ,Kraftwerk'

Goch · Umweltfreundliche Energiegewinnung, nachhaltig und CO2-neutral: Bärbel Höhn, frühere NRW-Umweltministerin und Ausschussvorsitzende im Bundestag, besichtigte mit Grünen aus dem Kreis das Biomassekraftwerk.

 Anton van den Boom, Mitglied der GBE-Geschäftsführung und Gesellschafter von Nähr-Engel, führte Bärbel Höhn über das Gelände (4.v.r. und 3.v.r.).

Anton van den Boom, Mitglied der GBE-Geschäftsführung und Gesellschafter von Nähr-Engel, führte Bärbel Höhn über das Gelände (4.v.r. und 3.v.r.).

Foto: STADE

Allzu häufig bedeutet Bioenergie am Niederrhein Biogas. Und das wird meist mit dem ökologisch umstrittenen Anbau von Mais-Monokulturen in Verbindung gebracht. Aber klimafreundlich Energie produzieren geht auch anders: Das Gocher Biomasse-Heizkraftwerk wird ausschließlich mit geschreddertem Abfallholz betrieben, das bei der Landschaftspflege anfällt. Die Anlage der GBE Gocher Bioenergie GmbH besuchte jetzt eine Gruppe Grüne aus dem Kreis, die eine prominente Parteifreundin bei sich hatten: Bärbel Höhn, Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag und frühere NRW-Umweltministerin. Die ab heute 65-Jährige will sich demnächst aus der Politik zurückziehen, kam aber auf ihrer Wahlkampf-Abschiedstour gerne noch mal nach Goch.

Anton van den Boom, Mitglied der GBE-Geschäftsführung und zugleich Gesellschafter von Nähr-Engel (er leitete das Unternehmen jahrzehntelang), führte die Gruppe gerne herum. Die Kommunalpolitiker aus Goch, Kleve, Kalkar, Kevelaer und Wachtendonk ließen sich kurz in die Geschichte des Projekts einführen, das einige Anfangsprobleme zu überstehen hatte. Der erste Anlauf scheiterte, weil der avisierte Holzlieferant absprang, dann sollte das RWE mit ins Boot, zog sich aber auch wieder zurück, weil ihm die Rendite zu gering schien. In den Stadtwerken Goch wurde ein Partner gefunden, der wie Nähr-Engel auch zehn Prozent der Investitionssumme (je 3,7 Millionen Euro) aufbrachte. Die "restlichen" 80 Prozent des 37-Millionen-Investments übernahm die Köhler Renewable Energy GmbH.

Kunde ist Nähr-Engel, das für die Herstellung seiner Kartoffelprodukte den Prozessdampf benötigt, außerdem wird der hergestellte Strom ins öffentliche Netz eingespeist, wofür es eine vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt. 43.800 Megawattstunden Strom dürfen pro Jahr eingebracht werden. So viel, dass damit die komplette Stadt Goch versorgt werden könnte. "Gäbe es mal einen ,worst case' wie vor Jahren im Münsterland, als die Stromleitungen unter der Schneelast zusammenbrachen, könnte unser Kraftwerk genügend Strom für alle Haushalte liefern", erklärte van den Boom.

Das ist natürlich graue Theorie, aber für die Grünen ein Hinweis darauf, wie sinnvoll regenerative, CO2-neutrale Energien einzusetzen sind. 18 Cent bekommt die Gesellschaft pro Kilowattstunde. Das ist relativ viel, "aber das bekommen wir nur, wenn wir ausschließlich Landschaftspflege-Holz verbrennen", so van den Boom. Dieses "schlechteste Holz", für andere Verwertung also kaum zu gebrauchen, sei so massenhaft vorhanden, dass landesweit zehn solcher Anlagen betrieben werden könnten.

100.000 Tonnen Dampf pro Jahr benötigt Nähr-Engel, um zu verarbeiten, was täglich 18 Lkw abliefern: Kartoffeln von etwa 2000 Hektar Fläche. Landwirte aus dem ganzen Kreis Kleve haben in Nähr-Engel einen sicheren Abnehmer ihrer Feldfrüchte, und auch die Holzschnitze kommen aus der Region (auch aus den Niederlanden). "Das Werk bedingt also direkt und mittelbar auch eine Menge Arbeitsplätze: 15 direkt im Betrieb, dazu zahlreiche Landwirte", freut sich Bärbel Höhn. Etwa 400 Leute sollen dadurch beschäftigt sein. Gerne hörten die Grünen auch, dass das Bio-zertifizierte Unternehmen Ideen für die weitere Verwertung der Rest-Asche hat. Die enthält nämlich Phosphat, das (nicht gerade am Niederrhein) zu wertvollem Dünger werden könnte. Gut kam auch an, dass für Nähr-Engel nicht hochwertiges Trinkwasser, sondern Brunnenwasser aus dem alten Pfalzdorfer Wasserwerk genutzt wird. Und wenn nach der Aufbereitung aus dem Dampf wieder kaltes Wasser geworden ist, muss das nicht noch mal durchs Klärwerk, sondern darf über einen Regenwasserkanal gleich in die Niers geleitet werden. "Das ist ein Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit", befand Höhn.

(RP)
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