Goch Nicht ohne unsere Hühner

Goch · Josef Verheyen aus Kevelaer und Josef Wilbers aus Weeze sind Deutsche Meister bei den Rassegeflügelzüchtern. Sie erklären, was ein "schönes Huhn" ausmacht und wie wichtig der Glücksfaktor ist.

Goch: Nicht ohne unsere Hühner
Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Ein bisschen Aufhebens um ihre Person sind die beiden gefiederten Fotomodelle schon gewohnt. Obwohl: "Person" ist der falsche Ausdruck für das Huhn, das im Arm von Josef Wilbers ruht, und den Hahn, der wie eine Statue auf der Handfläche von Josef Verheyen steht. Das Geflügel kennt bereits das Rampenlicht und machte seine Besitzer zu Siegern bei der Deutschen Meisterschaft auf der Nationalen Bundessiegerschau der Rassegeflügelzüchter in Dortmund.

An die 10.000 Zuschauer, schätzt Wilbers, haben nach den schönsten Hühnern und Hähnen des Landes Ausschau gehalten. Die Preisrichter haben entschieden und Verheyens Rhodeländer mit der Noten "Vorzüglich" ausgezeichnet. Wilbers punktete mit seinen Rheinländern. Er wurde Deutscher Meister mit der gesperberten Variante. "Vorzüglich" ist für die Geflügelzüchter die höchste Wertung, danach kommen die Noten "Hervorragend" und "Sehr gut".

Wann ist denn nun ein Huhn schön, und wann nicht? "Jede Rasse hat bestimmte Merkmale", erklärt Verheyen, besser bekannt als "Hühner-Jupp". Die Hühnerzucht begleitet ihn schon seit mehr als 60 Jahren. Er holt ein Heft hervor und zeigt einen "vorzüglichen" Rhodeländer-Hahn. "Der Körper muss von der Seite gesehen ein Rechteck zeigen, wie ein Ziegelstein", erklärt der Züchter. Wichtig seien auch die angewinkelte Schwanzpartie, die Zackung des Kamms (vier bis sechs Zacken sollte der schon haben) und die gelben Beine.

Zu den Ausstellungen fahren die Züchter ihre gefiederten Zöglinge nur hin. Begutachtet werden sie ohne das Beisein der Züchter. Das Ergebnis können die im Internet nachlesen und die Tiere später wieder abholen. Mitgefiebert wird am heimischen Computer, gutes Zusprechen ist nicht mehr möglich. Da kann es auch mal sein, laienhaft ausgedrückt, dass ein Huhn die Schwanzfedern hängen lässt und dem strengen Auge des Preisrichters der schöne Winkel fehlt. "Da macht man aber kein Drama drum", sagt Verheyen. Er setzt auf Erfahrung.

Angefangen hat alles 1950. Als sein Vater Josef ein Huhn suchte, dass nicht über Zäune "hüpfen" kann, kam das erste Rhodeländer-Huhn auf den Hof. Wilbers kam als Zehnjähriger auf den Geschmack und wurde mit den Worten "Fahr' mal zu Josef Verheyen, der wird dir schon das richtige Huhn besorgen" zum Kevelaerer geschickt. Seitdem verbindet die beiden eine lange Freundschaft. Wilbers' erste Hühner waren Zwerg-Wyandotten, später wechselte er zu den Rheinländern. "Wir wollten damals im Verein verschiedene Rassen haben", erklärt er sein Umschwenken. Denn das Anliegen der Hühnerzüchter sei vor allem der Erhalt der Artenvielfalt als Gegenstück zu den Hochleistungshühnern, die für die Wirtschaft gezüchtet werden. Kein Wunder also, dass Wilbers vor kurzem einen Anruf vom wissenschaftlichen Geflügelhof erhielt mit der Anfrage, ob er Bruteier zum Anlegen von Genreserven zur Verfügung stellen würde.

Eier, die isst Wilbers übrigens nicht. Und weder bei ihm noch bei Verheyen kommt ein selbst gezüchtetes Huhn auf den Tisch. Verheyen tauscht Hühner gegen Möhren und Rote Beete mit einem Niederländer, Wilbers gibt Küken, die offensichtlich nicht die gewünschten Schönheitsstandards erfüllen, an Menschen ab, die schon immer Hühner halten wollten.

Das "vorzüglich plus vorzüglich" nicht automatisch "vorzügliche" Nachkommen ergeben, wissen beide. "Der Natur kann man nicht reinpfuschen", sagt Verheyen. "Das ist aber auch das Schöne an der Zucht", sagt Wilbers. "Alles genau berechnen, das gibt es bei uns nicht." Auf ihre geflügelten Freunde haben die Züchter ein Auge. Wohlfühlen ist wichtig, nicht nur, damit sie Eier legen und nicht die Flügel hängen lassen. Die Tiere werden regelmäßig geimpft, haben einen Impfpass. Es wird auch genau überlegt, ob eine Ausstellung zu weit weg ist. Die nächste Nationale ist in Leipzig. "Das ist zu weit für die Tiere", sagt Verheyen. Da fährt er nicht hin.

Für Wilbers ist die Geflügelzucht ein beruhigendes Hobby. "Wenn ich mal ein bisschen Ruhe brauche, gehe ich zu den Hühnern", sagt der 54-Jährige. Der 78-jährige Verheyen kann sich ein Leben ohne Hühner nicht vorstellen. ",Du ohne Hühner wird es nie geben', sagt meine Frau Ursula", zitiert der Kevelaerer seine Gattin und schmunzelt.

(RP)
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