Goch Ordner im Dienste der Kirche

Goch · Brudermeister? Wie bitte? Den Begriff zu erklären – das sind die Gocher Ehrenamtler schon gewöhnt. Bei Fronleichnamsprozessionen, bei Wallfahrten, Kommunionen helfen sie. Glocken haben sie auch schon bewacht.

Die Nacht der Glocken werden Matthias Verhaelen, Rainer Neuhauser, Gerd Baumann und Gerd Ullenboom so schnell nicht vergessen. In Schichten passten sie im Michaelsheim auf die Kostbarkeiten auf, die tags drauf in den neuen Maria-Magdalena-Kirchturm gehievt wurden. Erinnerungen an andere, ganz andere Hilfsdienste: Aufräumen, Enttrümmern, Anstreichen, nachdem der alte Kirchturm eingestürzt war. Die Männer berichten von Erlebnissen, die Stadt-Geschichte schrieben. Dabei sind nur ein kleiner Teil dessen, was die Gocher Brudermeister seit 250 Jahren leisten. Ein Unikum weithin, eine Tradition, die Fortbestand hat seit einem Vierteljahrtausend und jetzt erst gefährdet ist – mangels Nachwuchs.

Nicht so leicht

Und die Geschichte reicht (mindestens, weil so lange belegbar) zurück bis zum 12. Oktober 1758. „Seitdem leisten die Brudermeister eine Menge gute Arbeit, die für selbstverständlich genommen wird – und nicht so leicht ist, wie sich mancher da vielleicht vorstellt“, sagt Pastor Günter Hoebertz. Brudermeister – die Kombination sage, kenne man die Geschichte, alles aus. „Gilden und Zünfte waren“, so Hoebertz, „unterschiedlich eingeflochten ins Stadtwesen. Und: Damals konnten nicht beliebig viele Meister ihres Handwerks den Beruf auch als Meister ausüben. So war es oft der Zweitgeborene, der Bruder eben, für den andere Aufgaben gefunden werden mussten.“ Und dazu gehörten eben dann auch die nicht immer geliebten Repräsentationspflichten und regelmäßige, teils anstrengende Kirchendienste.

Das Stichwort! Den Dienst an der Kirche leisten, vielfach ordnend, vorbetend, organisierend und mit helfenden Händen, die Brudermeister bis heute, pflegen eine Tradition, die so in der Region wirklich Seltenheitswert hat. 24 Aktive sind’s an der Zahl, an St. Maria Magdalena und der Liebfrauenkirche, aber längst die Brudermeister der einen großen St. Arnold-Janssen-Pfarre. Reiner Neuhauser: „Neben der Begleitung der Prozessionen zum Patronatsfest St. Arnold Janssen, zu Fronleichnam, Allerheiligen und der Wallfahrt nach Kevelaer übernehmen wir beispielsweise Fußwaschungen zu Gründonnerstag, Ordnerdienste bei der Erstkommjnion, bei Goldkommunionen, zu Weihnachten und kirchlichen Sonderveranstaltungen, außerdem im Wechsel mit anderen Vereinen die Kollekte, und seit einigen Jahren schmücken die Brudermeister von Liebfrauen auch den Marien-Bildstock.“

Kunstvolle Schmuckspitzen

Dienste, auch ordnende Dienste: Da haben die Brudermeister mit ihren Stäben (viele haben noch kostbare, jahrhundertealte Schmuckspitzen) Autorität – und seit dem vergangenen Jahr auch ein einheitliches Zeichen, das sie sofort kenntlich macht: die schlicht-eleganten Silberkreuze, die Pfarrer Hoebertz ihnen verlieh.

(RP)
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