Goch Pfalzdorf probt für die Premiere

Goch · Flüchtlinge inspirierten die Familiy Singers zu Musical über Fremdsein und Miteinander.

Goch: Pfalzdorf probt für die Premiere
Foto: Evers Gottfried

Goch-Pfalzdorf Es ist die Geschichte von einem, der auszog, die große Welt kennenzulernen: Hans Glück, ein junger Mann vom Land, verbringt wegen eines Castings einen Tag in der Großstadt Berlin. Dort erlebt er das Unbekannte in Form vieler Begegnungen mit Obdachlosen und reichen Managern, erfährt Hilfsbereitschaft und Abweisung, Anonymität und Freundschaft, Freude und Traurigkeit.

"Subway-all-ein. Das Musical über Liebe und Angst...und das Leben dazwischen" heißt das neue Bühnenwerk der Pfalzdorfer Familiy Singers, das am Freitag in der Aula des Collegiums Augustinianum Gaesdonck uraufgeführt wird. Die Geschichte vom Fremdsein in unbekannter Umgebung ist eine Flüchtlingsgeschichte, die Entstehungsgeschichte des neuen Musicals ebenfalls. Denn: "Alles begann 2015, als wir einige Flüchtlinge kennenlernten und deren Kriegserlebnisse hörten. Wir wollten unserer Betroffenheit Ausdruck geben, wir wollten ein Zeichen setzen", erzählt Chormitglied Hans-Peter Bause. Roquia Quazizada aus dem Iran, ihr Ehemann sowie acht weitere Flüchtlinge singen inzwischen im Chor mit. Wie Hans-Peter Bause mitteilte, haben viele Sänger durch den direkten und persönlichen Kontakt mit den Flüchtlingen spontan bei der Flüchtlingshilfe mitgemacht, aktiv geholfen, sei es bei Umzügen, Deutschkursen und vielen anderen Bereichen der Integrationshilfe. Roquia Quazizada erzählt mit strahlenden Augen, was die Hilfsbereitschaft und Offenheit, die sie erleben, für sie bedeutet: "Es ist eine neue Freiheit hier, Gedanken und Gefühle sind so befreit."

Die Konfrontation mit der Flüchtlingsproblematik habe inspiriert zu der Idee, ein Flüchtlingsstück zu schreiben, berichten Hans-Peter Bause und Regisseurin Doro Höing. Sie erzählen, wie in der ständigen Interaktion miteinander die Geschichte von Hans Glück immer deutlichere Gestalt annahm. Alle Chormitglieder haben einen Anteil daran. "Das Stück wurde eigentlich nicht geschrieben, sondern gemeinsam erarbeitet", beschreibt Regieassistent Gereon Brakhan den Entstehungsprozess. "Es gab kein Skript im Vorfeld, es ist sozusagen im Fluss der Ereignisse entstanden", ergänzt Mit-Komponist Daniel Verhülsdonk. "Wir hatten nichts, jetzt haben wir lebendige Figuren", bestätigt Regisseurin Höing. Das Miteinander mit den Flüchtlingen, das gemeinsame Singen, das naturgemäß Menschen über alle Grenzen hinweg verbindet, sei der stärkste Antrieb gewesen, dieses Musical zu schaffen, so der Tenor aller Beteiligten.

Entsprechend vielseitig ist die musikalische Umsetzung: Manuel Hermsen, musikalischer Leiter der Familiy-Singers, und Daniel Verhülsdonk haben die Musik zu "Subway-all-ein" geschrieben. Mit unterschiedlichen Musikgenres wird das Wechselbad der Gefühle zum Ausdruck gebracht, das die Hauptfigur des Stückes in Berlin durchlebt. "Vom volkstümlichen Walzer über Tango, Hip Hop und Reggae ist alles vorhanden", erläutert Hermsen. Er habe immer versucht, nah an den Gefühlen der Personen zu bleiben. So gibt es zum Beispiel ein "Angstlied", ein "Liebeslied" und einen "Whiskey -Blues".

Wie Manuel Hermsen erklärt, habe er die Orchestrierung etwas geändert, um der Eigenheit der Geschichte gerecht zu werden. Anstelle eines umfangreichen Streichapparates tritt das Düsseldorfer Streichquartett "Converse String Quartett", hinzu komme eine Big-Band-Besetzung plus Keyboards. Zur Veranschaulichung der Gefühlslagen der Protagonisten werden Videoprojektionen mit eingebaut, erläutert der Komponist. Dies sei eine Neuerung im Musical-Konzept. Sopranistin Annette Regnitter ist ebenso im Boot wie der Gocher Rapper Nesti (Jens Ernesti). Mit dem Kesseler Kinderchor unter der Leitung von Leonie Verrieth hat Daniel Verhülsdonk ein Hip-Hop-Stück einstudiert. Die 120 Sänger und Sängerinnen des Chors sind nicht nur beim Singen mit Begeisterung bei der Sache, sondern jeder ist neuerdings auch nah dran an den Flüchtlingen mit vielen kleinen und großen Hilfestellungen, man profitiere voneinander und bereichere sich gegenseitig. "Keiner singt hier nur", lächelt Hans-Peter Bause.

(ath)
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