Goch Protest gegen Atomkraftwerk

Goch · Die KKW-Neubaupläne im niederländischen, von Goch kaum 170 Kilometer entfernten Borssele will Gochs Bürgermeister Karl-Heinz Otto nicht einfach so hinnehmen. Er lässt rechtliche Schritte prüfen.

 Karl-Heinz Otto im Gespräch mit RP-Redakteur Thomas Claaßen.

Karl-Heinz Otto im Gespräch mit RP-Redakteur Thomas Claaßen.

Foto: G. Evers

Einen Atommeiler gibt es schon in Borssele bei Middelburg, und nun soll bald ein neuer gebaut werden. Widerspruchslos will die Stadt Goch das nicht hinnehmen. Bürgermeister Karl-Heinz Otto erläurterte gestern Abend im Gespräch mit Thomas Claaßen, warum er das tut.

Herr Otto, ein neues Kernkraftwerk fast vor der Haustür in einem Land, das selbst die Kernkraftnutzung abschafft — finden Sie das nicht seltsam?

Karl-Heinz Otto Für mich jedenfalls ist es ein Treppenwitz, eine nicht mehr nachvollziehbare Geschichte: Wir schalten alle Kernkraftwerke ab, mit Hinweisen auf Sicherheitsbedenken, mit Hinweisen darauf, dass uns die Endlagerung der abgebrannten Uranstäbe über wer weiß wie viele Jahre noch beschäftigen wird. Und: Wir in Deutschland haben CO2-Einspar-Vorschriften, die einzigartig sind. Die deutschen Atomkraftwerke beispielsweise in Bayern, weit weg von uns, stehen vor der Schließung. Und nun soll 170 Kilometer von der Stadt Goch nicht nur ein bestehendes Kernkraftwerk weiter betrieben, sondern noch ausgebaut werden.

Und das nun genau westlich beziehungsweise südwestlich von uns in Goch...

Otto So ist es. An einem Standort, aus dessen Richtung meistens der West- bzw. Südwestwind zu uns her weht. Ich frage mich, warum man sich in Brüssel mit dem Krümmungsgrad einer Salatgurke befasst, aber die Frage, wie wir uns in Europa alle gemeinsam mit Energie versorgen, findet wohl nicht ein ganz so großes Interesse. Das verstehe, wer will. Aus der Zeitung erst habe ich erfahren, dass in allen anderen EU-Ländern die Themen CO2-Vermeidung und Atomkraftwerke wohl keine so große Rolle spielen.

Warum lassen Sie nun Möglichkeiten beispielsweise des Widerspruchs prüfen?

Otto Wir sprachen eben über die vorherrschende Windrichtung. Schon daran sehen Sie: Das Thema Borssele tangiert mich als ganz normaler Bürger dieser Stadt Goch.

Was wollen Sie jetzt tun?

Otto Als Bürgermeister dieser Stadt einschreiten. Ich habe unseren Stadtbaurat Klaus Krantz gebeten Möglichkeiten auszuleuchten, wie wir auf rechtlichem Wege gegen die Pläne in den Niederlanden vorgehen können.

Über die EU?

Otto Diese Möglichkeit wird sehr intensiv geprüft, ja. Brüssel trifft in vielen Verfahren, denken Sie nur mal an die West-LB oder an Wettbewerbsfragen, Entscheidungen über die jeweiligen Staaten hinweg und setzt sie durch. Und hier, in der Frage des Neubaus, geht es auch um Schutz. Ist der bei Plänen für ein neues Kernkraftwerk nicht so wichtig? In unserem Land gibt es Riesen-Demos und Besetzungen zur Blockade von Castor-Transporten. Wir selbst haben nur noch einige Atomkraftwerke, die bald stillgelegt werden. Ich frage mich in diesem Zusammenhang, wo eigentlich der Müll aus den Kernkraftwerken anderer EU-Staaten hingeht. Was mit dem Müll aus ausgedienten, atomgetriebenen Kriegsschiffen passiert.

Also? Ihre Konsequenzen, die Sie daraus ziehen?

Otto Die spannende Frage klären, ob wir geeignete Mittel haben, uns gegen die Pläne in Borssele zu wehren. Wir werden ganz sicher Einspruch einlegen. So, wie das in vielen Städten Deutschlands zahlreiche Bürger machen.

Was genau werden Sie denn nun machen?

Otto Bis zum genannten Termin, dem 12. Januar als Ende der Einspruchsfrist, werden wir so reagieren, wie Stadtbaurat Klaus Krantz das nach seiner Prüfung der Rechtslage für am besten hält. Sie sehen ja, es gibt auch auf privater Ebene Gruppen und Organisationen, die sich mit Einsprüchen gegen die Pläne wehren. Wir werden das ebenfalls tun.

Wird eigentlich der Kreis Kleve insgesamt gegen die Neubaupläne für das Kraftwerk in Borssele etwas unternehmen?

Otto Davon ist mir nichts bekannt.

(RP)
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