Goch Schlagabtausch im Goli-Theater

Goch · Die drei Gocher Bürgermeisterkandidaten haben sich im ausverkauften Goli-Theater den Fragen von Moderator Jakob Lempp und den Wählern gestellt. Dabei gab es endlich auch klare Kante und unterschiedliche Positionen.

 Volles Haus: 200 Besucher lauschten der Podiumsdiskussion der drei Bürgermeisterkandidaten. Einige mussten an der Tür abgewiesen werden.

Volles Haus: 200 Besucher lauschten der Podiumsdiskussion der drei Bürgermeisterkandidaten. Einige mussten an der Tür abgewiesen werden.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Schon eine halbe Stunde vor Beginn hieß es im Goli-Theater: ausverkauft. Mehr als 200 Besucher dürfen aus Brandschutzgründen nicht in das schmucke alte Samtkino, einige Besucher hatten schon am Eingang das Nachsehen. Was für diese umso bedauerlicher war, weil es drinnen zuweilen hoch herging zwischen den Kandidaten, die am 13. September zum Bürgermeister von Goch gewählt werden möchten. Mehr als 2,5 Stunden dauerte der Schlagabtausch, auch Fragen aus dem Publikum wurden zugelassen. Wenn auch nur über abzugebende Karten, was beim ein oder anderen Besucher für Unmut sorgte, weil dieser Vorauswahl witterte. Das Zepter in der Hand hatte Politikprofessor und Moderator Jakob Lempp, der eine gute Figur machte, weil er souverän und ohne Stechuhr durch den Abend führte.

Die Kandidaten: Ganz unabhängig davon, welcher politischen Couleur man nun anhängt: Alle drei Kandidaten konnten glaubhaft vermitteln, das Bürgermeisteramt mit Herzblut erobern und erst einmal im Amt Goch vorantreiben zu wollen. Sozialdemokratin Bettina Trenckmann konnte vor allem bei ihrem Leib- und Magenthema, der Jugend- und Sozialarbeit, punkten. Auch dass sie das gestörte Vertrauen in Politik und Verwaltung durch deutlich mehr Bürgernähe wiederherstellen wolle, kam gut an.

Trenckmann sieht sich häufig als Vermittlerin - die sich dazu genötigt sah, Ulrich Knickrehm daran zu erinnern, dass Bürgermeister Beschlüsse nicht im Alleingang treffen können, sondern diese häufig Ratsentscheidungen sind. Dass die 55-Jährige so viel Empathie für die Stadt Goch empfindet, sich schon zum vierten Mal dem Wahlkampf zu stellen, nimmt man ihr ab. Für kurzes Raunen im Publikum sorgten ihre Aussagen, die angespannte Finanzsituation "werde sich fügen" und dass ihre erste Amtshandlung als Bürgermeisterin sei, eine Skateranlage für Jugendliche zu bauen. "Man muss ja Prioritäten setzen", murmelte es aus dem Publikum.

Wer Ulrich Knickrehm vom BFG im Stadtrat erlebt hat, weiß, dass der 59-Jährige ein begabter Redner ist. Mit pointierten Aussagen, Gestik und Mimik schaffte Knickrehm es immer wieder, gepfefferten Applaus zu kassieren. Er präsentierte sich als führungsstarke Persönlichkeit und Finanzhardliner, der auf konkrete Sparpläne angesprochen aber etwas schmallippig daherkam. Sein Vorschlag, mit anderen Kommunen zusammenarbeiten zu wollen, blieb vage, an Geschäftsführern städtischer Gesellschaften zu sparen, kann ebenso nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein wie die Chauffeur-Debatte, die er erneut ins Feld führte. Von fünfstelligen Ersparnissen ist man da weit weg.

Heinz van Baal trumpfte mit 20 Jahren Ratserfahrung und seiner zurückgenommenen Art auf. Er preschte nicht hervor wie seine beiden Gegenkandidaten, zeigte sich bei Ratsbeschlüssen und Nachfragen fachsicher. Gut kam an, dass er das Image von Goch wieder aufpolieren wolle. Bei allen Problemen: Es müsse Schluss mit dem Schlechtreden sein, sagte van Baal. Wo andere große Worte fanden, zeigte er sich vorsichtiger.

Er wolle erst Studien und Faktenlage abwarten, ehe er Entscheidungen fällt und Versprechungen macht. Die an den Tag gelegte Bescheidenheit war dabei auch seine größte Schwäche. Positionen, in denen der Polizist klare Kante beweist, weicht er mit Formulierungen wie "eigentlich", "ein bisschen" und "vorsichtig formuliert" auf. Für Raunen sorgte seine wohl launig gemeinte Aussage, dass er froh sei, nicht an der Entscheidung der Anwohnerparkgebühren beteiligt gewesen zu sein.

Thema Finanzen: Keine große Überraschung war die Einigkeit darüber, dass die Finanzlage in Goch derzeit angespannt ist. Dabei ließ Bettina Trenckmann aufhorchen. "Es kann nicht sein, dass man an allen Punkten spart", sagte sie und meinte dabei wohl vor allem die Jugendarbeit. Heinz van Baal will Personalkosten sparen, in dem man Verwaltungsmitarbeiter, die in den Ruhestand gehen, wenn überhaupt, kostengünstiger ersetzt. Er brachte außerdem die Idee ins Spiel, städtische Leistungen bei Vereinen, durch Grünarbeiten etwa, einzustellen und den Vereinen stattdessen einen Betrag zur Verfügung zu stellen, über den sie selber verfügen können. Der Idee hing auch Knickrehm an, der aber die Aussagen der anderen Kandidaten geißelte, die hohen Ausgaben in den vergangenen Jahren seien investiv gewesen. Dabei sei nur der kleinste Teil wertstabil angelegt , der größte Teil zur Bezahlung der Kassenkredite verwendet worden. Ehrenamtler müssten zukünftig außerdem deutlich transparenter gemacht werden, von welchen landes-, bundes- und europaweiten Fördertöpfen sie profitieren können. "Dabei müssen wir ihnen helfen", sagte Knickrehm.

Thema Parkgebühren: Das Kind ist in den Brunnen gefallen. So könnte man das Fazit der drei Kandidaten zum Anliegerparken in Goch sehen. Trenckmann betonte, dass es mit ihr als Bürgermeisterin gar nicht erst zur kompletten Blockadehaltung der Bürger gekommen wäre, weil sie viel eher das Gespräch mit Anwohnern gesucht hätte. Einig waren sich alle drei Kandidaten, dass die Gebühren für die Anwohner reduziert werden müssen. Man bewege sich dabei aber in Regionen um die 100 Euro jährlich, wie Knickrehm betonte. "Die 35 Euro, die man aus anderen Städten kennt, haben nichts mit Parkraumbewirtschaftung zu tun. Da geht es um eine reine Verwaltungsgebühr", pflichtete ihm Heinz van Baal bei.

Thema Wirtschaft: Hier möchte sich Knickrehm vor allem um die vorhandenen Leerstände kümmern, diese in Zusammenarbeit zwischen Stadt und Eigentümer an den Markt bringen. Spielraum für neue Gewerbegebiete sehe er nicht. Neue Gewerbegebiete möchte Christdemokrat Heinz van Baal aber schaffen, am Gemeinderand zu Weeze - in Zusammenarbeit mit der benachbarten Gemeinde. Bettina Trenckmann sprach sich dafür aus, wieder einen hauptamtlichen Wirtschaftsförderer einzustellen.

Thema Tourismus: Heinz van Baal setzt beim Tourismus verstärkt auf die Gastronomie, auch außerhalb des Stadtgebietes. Das Angebot und die Öffnungszeiten müssten erweitert werden. Goch sei mit der Niers und seinen Radfahrwegen bereits ein schönes Ausflugsziel, der Stadtpark könne aber noch deutlich stärker touristisch genutzt werden. Bettina Trenckmann habe bereits mit Gastronomen gesprochen, die sich vorstellen können, an Stadtpark und Nierswelle zu eröffnen, wie sie sagt. Der Park dürfe keine reine "Paddelbootanlegestelle sein." Die Besucher müssten deutlich besser gelenkt werden, meint die Sozialdemokratin. Knickrehm möchte vor allem die Region als Ganzes vermarkten. Das größte Potenzial sehe er in deutlich stärkerer Zusammenarbeit mit Gemeinden jenseits der Grenze.

(RP)
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