Goch Unmut wegen Schlafplätzen wächst

Goch · In Goch und seinen Ortsteilen mieten oder kaufen niederländische Arbeitnehmerüberlassungen Häuser, um darin ihre ausländischen Zeitarbeiter unterzubringen. Die Quartiere wirken ungepflegt, Betroffene suchen Auswege.

 Gerne kaufen oder mieten Uitzendbureaus ältere Immobilien.

Gerne kaufen oder mieten Uitzendbureaus ältere Immobilien.

Foto: Settnik

Der ältere Herr, den die Rheinische Post in Asperden anspricht, kennt sich bestens aus. Ohne lange überlegen zu müssen kann er vier, fünf Adressen nennen, an denen rumänische Zeitarbeiter wohnen. Oder besser: Untergebracht sind, denn die Lebensbedingungen dieser Menschen sind besorgniserregend. Nach Aussage einer Rumänin, die mit der RP sprach, müssen einige ihrer Landsleute zu fünft in einem Zimmer schlafen. Angemietet haben sie von der Zeitarbeitsfirma, bei der sie beschäftigt sind, ein Bett. Für eine solche Schlafstelle in oft maroden oder schimmligen Wohnungen bezahlen sie 200 Euro und mehr. Genau das ist es, was den Asperdener in Rage bringt: "Die Menschen, die aus dem Armenhaus Europas zu uns kommen, wollen Geld verdienen, um ihre Familien zu unterstützen. Aber diejenigen, die damit großen Reibach machen, die hab' ich gefressen."

Ein Gocher Makler bestätigt, was der Rentner aus Asperden erzählt. Zu ihm und vermutlich auch anderen Berufskollegen kommen Betroffene, die privat eine günstige Wohnung anmieten wollen, statt viel Geld für einen Schlafplatz zu geben und Küche und Bad mit fremden Menschen teilen zu müssen. "Da sind ja auch Ehepaare dabei, die natürlich für sich sein wollen. Und auch andere Leute finden es nicht angenehm, ihre Ruhezeit in Massenunterkünften verbringen zu müssen."

 Viele Namenszettel an einer offenstehenden Türe - kein schöner Anblick.

Viele Namenszettel an einer offenstehenden Türe - kein schöner Anblick.

Foto: Anja Settnik

Von außen sind die Quartiere leicht zu erkennen: Handgeschriebene Namenszettel neben den Eingangstüren, sperriger Unrat auf den Grundstücken, große Müllcontainer schlucken alles, was die oft zahlreichen Bewohner der Häuser wegwerfen. Über Nacht stehen Autos mit den Namen des jeweiligen Uitzendbureaus an der Straße.

Der Makler, dessen rumänische Mitarbeiterin ihm Tag für Tag die Geschichten der Leiharbeiter erzählt, möchte, wie er versichert, den Menschen helfen. "Die Firmen mieten hier Wohnungen an oder kaufen alte Häuser, weil das viel billiger ist, als den Arbeitskräften in den Niederlanden Wohnraum anzubieten. So werden die Männer zum Beispiel morgens früh über die Grenze gekarrt, um dort zum Beispiel in Schlachtereien als Ausbeiner zu arbeiten. Jobs, für die Deutsche oder Niederländer kaum mehr zu finden sind." Der Gocher ist sicher, dass die Leute schon in Rumänien angeworben werden. "Die kommen meist aus kleinen Dörfern, haben kein Internet, glauben alles, was ihnen erzählt wird", berichtet die Kollegin. "Sie hören, dass sie Geld verdienen können, und lassen sich darauf ein. Mehr als den Mindestlohn bekommen sie nicht, müssen dem Uitzendbureau davon noch Geld für Miete und oft auch für das genutzte Fahrzeug geben." Nach Einschätzung Vieler geraten die Rumänen in völlige Abhängigkeit - aber sie brauchen die Jobs.

 Dieses Gebäude ist keine Pension mehr, jetzt leben dort Zeitarbeiter.

Dieses Gebäude ist keine Pension mehr, jetzt leben dort Zeitarbeiter.

Foto: nik
 In Hülm neben der Schule wurde aus einer Gaststätte ein Schlafquartier.

In Hülm neben der Schule wurde aus einer Gaststätte ein Schlafquartier.

Foto: Anja Settnik

In den Niederlanden, sagt der Makler, wäre eine solche Form der Unterbringung von Menschen nicht möglich. Auch die Stadt Goch und andere betroffene Kommunen suchen, wie berichtet, nach rechtlichen Möglichkeiten, einzuschreiten. Die Verelendung von Wohnquartieren ist in niemandes Interesse. Und irgendwann sind Anwohner nicht mehr so geduldig wie bisher.

(RP)
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