Gericht in Kleve Verteidigung kritisiert Gutachterin im Schlüsseldienst-Prozess

Im Marathon-Verfahren im Klever Landgericht gegen zwei Schlüsseldienst-Unternehmer hat eine Gutachterin die Vorgehensweise der Monteure in Frage gestellt. Die Verteidigung bemängelte die Expertise der Fachfrau.

Schlüsseldienstbetrug - Prozessauftakt in Kleve
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Foto: dpa, rwe axs

Im Prozess gegen zwei Schlüsseldienst-Unternehmer aus Geldern und Weeze gab in der vergangenen Sitzung eine Gutachterin ihre Einschätzung zur Höhe der Preise, die Monteure der ehemaligen Deutschen Schlüsseldienst-Zentrale (DSZ) in Rechnung gestellt hatten. "Die Einsatzpauschalen und Materialpreise sind in vielen Fällen sehr hoch gewesen. Bestimmte Arbeiten, die durchgeführt worden sind, sind außerdem nicht nachvollziehbar. Die Monteure haben beispielsweise in vielen Fällen gesagt, der Zylinder müsse aufgebohrt werden, obwohl für mich im Nachhinein kein Grund erkennbar gewesen ist", so die sachverständige Ingenieurin Christa Brock-Esch. Sie hatte verschiedene ehemalige Kunden der DSZ befragt und deren Türen begutachtet.

Die Einschätzung, dass die Preise der DSZ sehr hoch gewesen seien, gründet Brock-Esch auf eigene unternehmerische Erfahrung und Preisempfehlungen des Bundesverbandes Metall (BVM). Mit der praktischen Tätigkeit des Türöffnens hat die Ingenieurin aber scheinbar kaum Erfahrung, wie die Verteidigung herausfand. "Ich arbeite nicht handwerklich, ich habe Mitarbeiter dafür", antwortete die öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Metallbauerhandwerk auf die Frage von Rechtsanwalt Falk Würfele, ob sie mal eine der zur Debatte stehenden Türöffnungen selbst vorgenommen habe.

Auch die Aussagekraft der Gutachterin in konkreten Fällen zweifelte die Verteidigung an: In einem Fall hatte sie eine Wohnungseingangstür begutachtet, in deren Schloss ein DSZ-Monteur zur Öffnung hineingebohrt hatte. "Die Tür hätte man mit einer Öffnungskarte öffnen können, ohne zu bohren", urteilte Brock-Esch im Gerichtssaal. Als Verteidigerin Anke Zimmermann fragte, ob die Sachverständige denn bei der Begutachtung auch selbst versucht hätte, die besagte Tür mit einer speziellen Karte zu öffnen, verneinte diese.

Die von der Gutachterin auf Basis der BVM-Empfehlung kalkulierten Preise wurden von der Verteidigung ebenfalls angezweifelt, insbesondere im Bereich der Wochenend- und Feiertags-Notdienste. Der 39-jährige Angeklagte aus Weeze sagte hierzu: "Ich kenne niemanden, der am Wochenende zwei Stunden für doppelten Lohn arbeitet, wenn er dafür acht oder 24 Stunden unbezahlt in Bereitschaft sein muss. Die Rechnung geht nicht auf. Außerdem hat der Europäische Gerichtshof gerade entschieden, dass Bereitschaftszeit auch Arbeitszeit ist", so der Angeklagte.

Neben der Sachverständigen sagten auch weitere Zeugen aus, die als Monteure für die DSZ im Einsatz waren - ebenso wie Kunden, die sich von dem Gelderner Unternehmen betrogen fühlten.

Weitere Zeugen sollen am morgigen Freitag, 16. März, ab 9.30 Uhr in Saal A 105 des Klever Landgerichtes aussagen.

(RP)
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