Goch Völkerverständigung im Fußballstadion

Goch · Das Jugendkomitee des jesidischen Kulturvereins Emmerich hat zu einem Fest ins Gocher Hubert-Houben-Stadion eingeladen. Mit den gesammelten Spenden wollen Mitglieder in die Türkei fahren, um Flüchtlingen vor Ort zu helfen.

 Die Ränge des Hubert-Houben-Stadions in Goch waren beim Fest, das vom Jugendkomitee des jesidischen Kulturverein Emmerich veranstaltet wurde, gut gefüllt. Hunderte Besucher informierten sich, darunter auch Ministerin Barbara Hendricks.

Die Ränge des Hubert-Houben-Stadions in Goch waren beim Fest, das vom Jugendkomitee des jesidischen Kulturverein Emmerich veranstaltet wurde, gut gefüllt. Hunderte Besucher informierten sich, darunter auch Ministerin Barbara Hendricks.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Großleinwand, Buffets, Kamerakräne. "Wenn wir so etwas aufziehen, dann auch richtig", sagt Cemal Kezer vom Jugendkomitee des jesidischen Kulturvereins Emmerich. Der Verein hat Gocher Bürger und Jesiden vom ganzen Niederrhein ins Hubert-Houben-Stadion eingeladen, um gemeinsam ein interkulturelles Fest zu feiern. "Wir haben in den vergangenen Wochen so viel getrauert. Jetzt wollen wir das Ganze auch mal ein wenig festlich aufziehen", sagt Kezer.

Völkerverständigung im Wohnzimmer der Viktoria. Bands spielen, ein DJ legt auf, auf der mobilen Leinwand, die vom Gocher Goli gespendet wurde, wird eine Dokumentation über die Jesiden gezeigt. "Wir haben unheimlich viel Unterstützung durch lokale Firmen bekommen. Ohne die wäre das gar nicht möglich gewesen", sagt Organisator Cemal Kezer.

 Auch mit Essensspezialitäten aus der Heimat wurde Geld für die Flüchtlinge gesammelt.

Auch mit Essensspezialitäten aus der Heimat wurde Geld für die Flüchtlinge gesammelt.

Foto: Gottfried Evers

Sein Ziel hat das Jugendkomitee fest ins Auge gefasst: So viele Spenden sammeln, wie es nur möglich ist. Etwa durch den Verkauf von Essensspezialitäten im Stadion, aber auch durch Einnahmen aus 60 Spendendosen, die man im gesamten Kreis Kleve aufgestellt hat. In wenigen Tagen brechen zwei Komiteemitlieger in die Türkei auf, um vor Ort Hilfe zu den Flüchtlingscamps zu bringen. "Wir wollen uns in der der Türkei davon überzeugen, was die Menschen am dringendsten benötigen und das Geld dann gezielt dafür einsetzen", sagt einer der zwei Fahrer. Seinen Namen und den Termin der Abreise möchte er nicht nennen - zu groß ist die Sorge um die Sicherheit des Transports.

Einer der vielen Gäste im Gocher Hubert-Houben-Stadion macht sich ebenfalls mit auf den Weg in die Türkei. Dr. Frank van Straelen ist normalerweise Leiter der Zahnklinik Niederrhein in Rheinberg, über eine Bekannte, ebenfalls Jesidin, ist er zu der Spendenaktion gekommen. "Wir haben angefangen zu sammeln und schnell einige Kisten an Medikamenten zusammenbekommen", sagt er. Antibiotika, Erkältungs- und Schmerzmittel aber auch Psychopharmaka. "Die Menschen dort sind schließlich hochtraumatisiert", sagt van Straelen. Auch für den Zahnarzt ist die Reise eine außergewöhnliche Herausforderung.

"Wir haben natürlich mit dem Auswärtigen Amt gesprochen, um uns vorzubereiten. Wenn wir uns an Einheimische halten, sollte das Sicherheitsrisiko relativ gering sein", sagt der Arzt. Wie die Lage vor Ort sein wird, kann keiner der Beteiligten genau einschätzen. "Wir werden auf viele Menschen treffen, denen großes Leid widerfahren ist. Ich weiß nicht, wie die Reaktionen ausfallen", sagt van Straelen. Damit das Geld, das die Helfer mit in die Türkei nehmen, auch sinnvoll eingesetzt wird, werden alle Quittungen und Dokumentationen vor Ort gesammelt, verspricht Cemal Kezer. "Die Reisekosten tragen wir selbst, damit die Spenden wirklich nur den Menschen vor Ort zugute kommen", sagt er.

Zu den zahlreichen Gästen aus der lokalen Politik und Verwaltung gesellte sich auch Bundes-Umweltministerin Barbara Hendricks im Hubert-Houben-Stadion. "Ich kenne viele Jesiden aus meinem Bekanntenkreis, alle sind sehr engagiert und gut integriert. Darum war es mir ein Bedürfnis, heute selbst herzukommen", sagt die Ministerin, die mit einem klaren Appell angereist ist. "Uns allen muss es darum gehen, unseren Nachbarn und Mitmenschen tief empfundene Anteilnahme zum Ausdruck zu bringen", sagt Hendricks. Das macht nicht nur Organisator Cemal Kezer Mut. "Durch die große Aufmerksamkeit bekommen wir immer mehr Zuspruch", sagt er.

(lukra)
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