Uedem Wenn Nägel zur Währung werden

Uedem · Zum Höhepunkt des "Uedemer Ferienspaßes" gehört jedes Jahr der Bauspielplatz. In diesem Jahr bauten mehr als 200 Jugendliche ein beachtliches Dorf aus Holz. Seit 1977 gebe es nun den Hüttenbau beim Ferienspass.

 Bob der Baumeister würde staunen: Eine richtige Budenstadt entsteht in Uedem.

Bob der Baumeister würde staunen: Eine richtige Budenstadt entsteht in Uedem.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Das kalte Wasser tut gut. Die Kinder springen durch den Strahl, den die Feuerwehr der Bundeswehr über die Wiese spritzt. Viele haben sich extra ihre Badesachen angezogen, andere hüpfen in T-Shirt und Shorts über den Rasen. Es ist der letzte Tag des Bauspielplatzes beim "Uedemer Ferienspass" am Kirsel.

In den vergangenen zwei Wochen haben mehr als 200 Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren dort ihre ersten freien Tage verbracht. "Wenn es besonders heiß ist, kommt gerne mal die Feuerwehr vorbei und löscht mal eben die Kinder", sagt Bauspielplatz-Organisator Johannes van de Loo. Insgesamt 3000 Liter Wasser verteilt der Löschtrupp innerhalb weniger Minuten - dann rückt er wieder ab, für die Kinder extera mit Blaulicht und Martinshorn. "Früher haben sie sogar auch mal den Schlauch ausgerollt und den Kids gezeigt, wie ihre Arbeit aussieht", sagt van de Loo.

Wenige Meter weiter steht auf der großen Rasenfläche ein Dorf aus Holzhütten - zum Teil sind sie mehrere Meter hoch, haben bis zu vier Stockwerke. Einige Fassaden sind bunt bemalt. Die Kinder haben sich aus 200 Kubikmetern Holz, zum größten Teil sind es Einwegpaletten, eine kleine Gemeinde errichtet. In der Dorfmitte brennt ein Lagerfeuer ("dort haben wir schon Stockbrot gemacht"), es gibt einen großen Aussichtsturm auf dem eine Fahne weht ("der wurde aber eher von unseren 30 Betreuern genutzt").

Die Nachwuchsarchitekten waren fleißig, einige haben sich schon lange vor den Sommerferien Gedanken gemacht, wie das Dorf am Ende aussehen soll. "Manche Kinder haben wochenlang vorher geplant, haben sich mit ihren Eltern hingesetzt und richtige Bauzeichnungen angefertigt", sagt van de Loo. "Sie bauen sich hier ihr eigenes Reich."

 Eine kalte Dusch tut gut.

Eine kalte Dusch tut gut.

Foto: Gottfried Evers

Noch am Freitag, dem letzten Tag des Bauspielplatzes, wurden Nägel gekloppt und letzte Änderungen vorgenommen. "Wir wurden leider am Anfang etwas vom Wetter ausgebremst - es gab zwei heftige Regentage, die wir drinnen in der Scheune verbringen mussten", so der Organisator. Einige Kinder hätten frustriert reagiert, sie "wollten unbedingt schnell mit dem Bauen anfangen". Stattdessen veranstaltete van de Loo ein Kickerturnier, passend zur Fußballweltmeisterschaft "mit allem was dazu gehört: Gruppenphase, Viertel- bis Halbfinale und auch Spiel um Platz drei". Andere, insbesondere die Mädchen, studierten Tanzeinlagen ein, die sie zum Abschluss ihren Familien präsentierten. Seit 1977 gebe es nun den Hüttenbau beim Ferienspass, berichtet Johannes van de Loo - vor sieben Jahren fand er das erste Mal auf dem Gelände am Kirsel statt. "Die Kinder haben großen Spaß bei uns. Es tut ihnen gut, sich hier richtig auszutoben", sagt van de Loo. Zudem würden ihnen in den zwei Wochen auf spielerische Weise wichtige Werte vermittelt: "Sie lernen, miteinander kreativ zu arbeiten, aber auch - wenn nötig - sich gegenüber anderen durchzusetzen." Bei den jungen "Dorfbewohnern" hat sich zudem ein richtiger Geschäftstrieb entwickelt: "Die Währung unter den Kindern waren Nägel - die brauchten sie schließlich, um ihre Hütten stabiler zu bauen." Wer sich umsieht, findet Hinweise mit "Rundgang: 10 Nägel" oder "Disco: 5 Nägel" - es sei viel gehandelt worden, berichtet van de Loo. Am Wochenende war dann jedoch alles wieder vorbei. Am Samstag rückten große Container und die Eltern an - ihr Job: das Dorf abreißen. Aus den Hütten werden nun Holzhackschnitzel und Brennholz.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort